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Ulla Schmidt:
Union verweigert chronisch Kranken die bessere Behandlung
Zur Presseerklärung von Horst Seehofer und Wolfgang Lohmann zu den Disease-Management-Programmen erklärt Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt:
Mit ihrer Kritik an den Behandlungsprogrammen für chronisch Kranke zeigt die Union einmal wieder, dass sie sich ohne Rücksicht auf die Interessen der Patientinnen und Patienten zum Verstärker von Funktionärsinteressen macht. Während wir weltweit zahlreiche zustimmende Schreiben erhalten, die uns bestätigen, dass wir mit den strukturierten Behandlungsprogrammen eine optimale Behandlung sicher stellen, wiederholen Seehofer und Lohmann falsche Behauptungen:
Es werde in die Therapiefreiheit eingegriffen. Das ist nicht richtig. Vielmehr sichern die Programme die medizinischen Erkenntnisse zur optimalen Behandlung einer chronischen Krankheit und sind somit die Basis, auf der die jeweilige therapeutische Entscheidung des Arztes und der Ärztin getroffen werden muss. Dies geschieht unter Einbeziehung der Patientinnen und Patienten, was offensichtlich manchen nicht passt. Und natürlich werden die Standards fortgeschrieben, wenn es neue Erkenntnisse gibt.
Die Programme blieben unterhalb des etablierten Qualitätsniveaus. Das ist nicht richtig. Vielmehr können mit den Behandlungsprogrammen jetzt endlich die bekannten Defizite in der Behandlung chronisch kranker Menschen abgebaut werden. Bei uns erleiden Diabetikerinnen und Diabetiker mehr Amputationen, mehr Nierenschäden und in der Folge mehr Dialysebehandlungen, mehr Erblindungen, mehr Herzinfarkte als in vergleichbaren Ländern. Zahlreiche Folgeschäden könnten verhindert werden. Beim Brustkrebs könnten unnötige Brustentfernungen, zu wenig oder aber unnötige Bestrahlungen vermieden und eine bessere psychosoziale Betreuung sichergestellt werden. Sollen diese Defizite nach Seehofer und Lohmann weiter hingenommen werden?
Die Programme schlössen Innovationen aus. Das ist nicht richtig. Dies belegt auch die neue Heart Protection Studie, die ergeben hat, dass Diabetikerinnen und Diabetiker mit einem erhöhten Risiko für Herzinfarkte und Schlaganfälle von der cholesterinsenkenden Behandlung mit Simvastatin und Pravastatin stark profitieren. Unsere Rechtsverordnung sieht ausdrücklich den Einsatz dieser Medikamente vor, obwohl es sich hier um wirklich teure innovative Medikamente handelt. Denn unser Ziel ist, die Zahl der Herzinfarkte und Schlaganfälle bei Diabetikerinnen und Diabetikern zu senken. Das zeigt, dass die Union plumpe Wahlkampfpolemik betreibt. Wahr ist, dass durch die Programme die Umsetzung echter Innovationen beschleunigt wird.
Die Früherkennung von Brustkrebs werde nicht verbessert. Das ist nicht richtig. Das eine ist die Früherkennung und das andere die Behandlung. Im Gegensatz zur Untätigkeit von Seehofer haben wir gehandelt. Die Früherkennung wird durch die bereits beschlossenen Maßnahmen der Selbstverwaltung zur Qualitätssicherung der Früherkennung und durch unsere Modellmaßnahmen zum Screening für Frauen ab 50 Jahren verbessert. Die Behandlungsprogramme wenden sich an Frauen mit der Diagnose Brustkrebs und verbessern die Behandlung.
Die Programme seien in Hast entwickelt worden. Das ist nicht richtig. Die medizinischen Inhalte wurden im Koordinierungsausschuss einvernehmlich von Vertretern der Ärzteschaft, der Krankenhäuser und der Krankenkassen beschlossen. Die Details wurden durch speziell eingerichtete Arbeitsgruppen erarbeitet, in denen jeweils ausgewiesene Fachexperten aus den Bereichen Diabetes mellitus und Brustkrebs beteiligt waren. Für ihre Arbeit wurden die vorhandenen wissenschaftlichen Aussagen intensiv geprüft.
Mein Rat an Seehofer und Lohmann: Die Empfehlungen des Koordinierungsausschusses und unsere Rechtsverordnung lesen, statt sich offensichtlich ungeprüft Funktionärsstatements zu eigen machen."