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Weitere Neuigkeiten vom Amerikanischen Diabeteskongress 2015 in Boston

Aktuelle Studien vorgestellt und kommentiert von Prof. Helmut Schatz

Professor Dr.Dr. h.c. Helmut Schatz Das erste Insulin, das man nicht aus Bauchspeicheldrüsen gewann, wurde 1963 vollsynthetisch in kleinsten Mengen hergestellt, kam aber nie auf den Markt. Gentechnisch produziert ist es seit den 1980er Jahren verfügbar. Durch die Gentechnik kann man das Molekül auch verändern. Diese "Insulin-Analoga" unterscheiden sich in Aufbau und in ihren Eigenschaften von Humaninsulin. Die Anordnung der Eiweißketten des Insulins beeinflusst die Aufnahmegeschwindigkeit und die Verweildauer des Insulins im Blut. Es gibt besonders kurz und besonders lang wirkende Insulin-Analoga. Man kann aber auch die sogenannten GLP-1-Analoga herstellen, welche so wie das körpereigene Glucagon-like-Peptide (GLP-1) das eigene Insulin aus der Bauchspeicheldrüse der Diabetespatienten mobilisieren können. Ob man diese GLP-1-Analoga mit Insulin kombiniert oder gleich Insulin allein spritzt, wenn Tabletten nicht mehr ausreichen, war ein Thema auf dem Amerikanischen Diabeteskongress in Boston.

Der "edle Wettstreit" auf dem Markt der langwirksamen Insulinanaloga und der GLP-1-Analoga ist voll im Gange

Insulin Degludec von Novo Nordisk, in Europa Tresiba® zugelassen und schon recht breit angewendet, wartet immer noch auf die US-amerikanische Zulassung. Grund sind die letztlich noch nicht ausgeräumten kardiovaskulären Sicherheitsbedenken der FDA. Deshalb ist das Kombinationspräparat von Insulin Degludec mit dem GLP-1-Analog Liraglutid, IDegLira, auch noch nicht in den USA zugänglich, welches als Xultophy® bereits in Deutschland ausgeboten wird. In einer Phase III-Studie über 1/2 Jahr an 557 Patienten, vorgestellt vom Studienleiter Professor John Buse, wurde mit IDegLira eine HbA1c-Absenkung von -1.8 % erzielt, mit entsprechend auftitriertem Insulin Glargin (Lantus®) von -1.2 %. Das ADA-Ziel für HbA1c von <7.0 % wurde mit IDegLira in 72 %, mit Lantus in 47 % erreicht. Die Hypoglykämierate war mit dem Kombinationspräparat von Novo Nordisk um 57 % niedriger als mit Lantus. Für IDegLira sprach auch das Gewichtsverhalten: -1.4 kg vs. +1.8 kg mit Glargin.

Ein DGE-Blogbeitrag berichtete bereits über Leberprobleme mit dem Langzeitinsulin PEG-Lispro von Lilly. In Boston wurden jetzt von Dr. Melanie Davies Vergleichsstudien zwischen PEG-Lispro und Glargin an über 2.800 Patienten vorgestellt. Mit dem Lilly-Präparat wurde eine stärkere HbA1c-Absenkung als mit Glargin erzielt: In der 1. Studie über 1 Jahr betrug der HbA1c-Unterschied -1.6 % vs. -1.3 %, in der zweiten über 1/2 Jahr -1.7 % vs. -1.5 %, und in der dritten, ebenfalls über 1/2 Jahr, -0.82 vs. -0.29 %. Es kam jedoch auch in diesen Studien zu einer signifikanten Erhöhung der Alanin-Aminotransferase ALT und einer stärkeren Zunahme des Leberfettgehaltes bei einigen Patienten. Auch stiegen die Triglyceride an. Die Firma Lilly hatte bereits den beabsichtigten Antrag bei der FDA zurückgestellt und hofft, die Leberprobleme bis nach 2016 in den Griff zu bekommen.

Literatur

Bildunterschrift: Professor Dr. Dr. h.c. Helmut Schatz
Bildquelle: Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie

zuletzt bearbeitet: 15.06.2015 nach oben

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