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Jede Hypo ist eine zuviel
Neue Informationskampagne holt das Thema Unterzuckerungen bei Diabetes aus der Tabuzone
55 % der Menschen mit Diabetes, die eine Insulintherapie erhalten und eine nicht-schwere Hypoglykämie (Unterzuckerung) erleben, informieren ihren Arzt hierüber nie oder nur selten.[1] Dabei ist diese Komplikation sehr häufig. So erleben Patienten mit Typ-2-Diabetes, die Insulin anwenden, im Schnitt 23 leichte oder mittelschwere Hypoglykämien im Jahr.[2] Aus Angst vor einem erneuten Auftreten der Unterzuckerung reduzieren viele Betroffene ihre Insulindosis[3] und nehmen sogar erhöhte Blutzuckerspiegel in Kauf.[4,5] Die neue Informationskampagne "Unterzuckerung vermeiden" hat das Ziel, das Thema Hypoglykämien aus der "Tabuzone" zu holen und Ängste bei Patienten und Angehörigen abzubauen. Die wichtigste Botschaft für Betroffene: Sprechen Sie mit Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin über Hypoglykämien!
Unterzuckerungen treten häufig im Zusammenhang mit einer Insulintherapie auf. Im Durchschnitt erleiden Menschen mit Typ-2-Diabetes, die eine Insulintherapie erhalten, 23 leichte bis mittelschwere Hypoglykämien im Jahr.[2] Die Unterzuckerungen beeinträchtigen die Gesundheit und die Lebensqualität der Betroffenen und ihrer Angehörigen. "Viele Patienten mit Typ-2-Diabetes haben Angst vor Hypoglykämien", sagt Johanna Sandner, Leiterin der Ernährungs- und Diabetesberatung an der Universitätsmedizin Mainz. "Das führt zu Verunsicherungen im täglichen Diabetesmanagement", berichtet Sander aus ihrer Praxiserfahrung. Studien bestätigen die Einschätzung der Expertin. So reduzieren 43 % der Menschen mit Typ-2-Diabetes nach einer leichten oder mittelschweren Hypoglykämie ihre Insulindosis, um erneute Unterzuckerungen zu vermeiden. Nach einer schweren Hypoglykämie sind es sogar 58 %.[6] In der Folge nehmen die Patienten auch erhöhte Blutzuckerspiegel in Kauf, um weitere Unterzuckerungen zu vermeiden.[4,5]
Hypoglykämien bleiben häufig unentdeckt
Hypoglykämien beeinträchtigen die Gesundheit von Menschen mit Diabetes. Bei Patienten mit Typ-2-Diabetes und Vorerkrankungen des Herzkreislaufsystems können Unterzuckerungen das Risiko, einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall zu erleiden um etwa 27 % erhöhen.[7] Besonders problematisch an Unterzuckerungen ist, dass diese von Patienten häufig nicht bemerkt werden. Laut einer Studie unter Menschen mit Typ-2-Diabetes wurden 83 Prozent der Hypoglykämien, die von einem Gerät zur kontinuierlichen Glucose-Messung aufgezeichnet wurden, von den Patienten nicht wahr genommen.[8]
Neue Aufklärungskampagne: "Unterzuckerung vermeiden"
Der Diabetesspezialist Novo Nordisk startet nun eine Aufklärungskampagne "Unterzuckerung vermeiden". Unter dem Motto "Jede Hypo ist eine zu viel" wendet sich die Kampagne an Ärzte, Patienten und Angehörige mit dem Ziel, Hypoglykämien im individuellen Diabetes-Management zu reduzieren und Ängste bei Patienten und ihren Angehörigen abzubauen. Ein wichtiges Ziel der Kampagne ist es, Patienten dazu zu motivieren, mit ihrem Arzt über Hypoglykämien zu sprechen. Dass die Betroffenen beim Arztbesuch so ungern über die Zuckertiefs sprechen, kann unterschiedliche Gründe haben. Mitunter möchten sie beim Arzt nicht den Eindruck erwecken, als hätten sie ihren Diabetes nicht unter Kontrolle, die Sorge, nicht mehr Auto fahren zu dürfen, kann ein weiterer Hinderungsgrund sein, ebenso die Angst den Beruf aufgrund bestätigter Einschränkungen nicht mehr ausüben zu können.[1]
Warnhinweise erkennen
"Sprechen Sie Ihren Arzt auf das Thema Hypoglykämien an", appelliert Professor Dr. Sebastian Schmid, vom Universitätsklinikum Schleswig-Holstein in Lübeck an Patienten mit Typ-2-Diabetes und deren Angehörige. "Ihr Diabetologe oder Hausarzt kann Sie hier gut beraten", so der Bereichsleiter für Endokrinologie und Diabetologie weiter. "Wichtig ist, dass Patienten Warnhinweise für Unterzuckerungen erkennen und gemeinsam mit dem Arzt eine auf ihren individuellen Lebensrhythmus abgestimmte Diabetesbehandlung auswählen, die den Blutzucker senkt und das Risiko für Hypoglykämien möglichst gering halten kann", sagt Schmid. Sein Rat an Patienten und Angehörige: "Zögern Sie nicht! Sprechen Sie das Thema bei Ihrem nächsten Besuch beim Diabetologen oder beim Hausarzt an."
Über die Kampagne
"Unterzuckerung vermeiden" richtet sich an Menschen mit Typ-2-Diabetes und ihre Angehörigen. Das Ziel der Kampagne ist, dass Betroffene Anzeichen, Symptome und Auslöser von Unterzuckerungen besser erkennen können und dazu motiviert werden, mit ihrem Arzt über Hypoglykämien zu sprechen. Gemeinsam mit dem Arzt kann eine auf den individuellen Lebensrhythmus abgestimmte Diabetesbehandlung ausgewählt werden, die den Blutzucker kontrolliert und das Risiko für Hypoglykämien möglichst gering hält. Auf www.unterzuckerung-vermeiden.de erhalten Patienten und Angehörige kostenfreie Materialien, die ihnen im Umgang mit Hypoglykämien helfen können.
Literatur
Östenson CG, Geelboed-Duijvestijn P, Lahtela J et al. Self-reported non-severe hypoglycaemic events in Europe. Diebetic Medicine 2014; 31:92-101.
Edridge CL, Dunkley AJ, Bodicoat DH et al. Prevalence and Incidence of Hypoglycaemia in 532,542 People with Type 2 Diabetes on Oral Therapies and Insulin: A Systematic Review and Meta-Analysis of Population Based Studies. PLoS ONE 2015; 10(6): e0126427. doi:10.1371/journal.pone.0126427.
Leiter LA et al. Can J Diabetes 2005;29:186-92.
Brod M et al. Curr med Res Opin 2012; 28:1947-1958.
Perlmuter LC et al. Diabetes Care 2008;31:2072-2076.
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Johnston SS et al. Diabetes Care 2011; 24:1164-1170.
Weber K, et al. High Frequency of Unrecognized Hypoglycaemias in Patients with Type 2 Diabetes is Discovered by Continuous Glucose Monitoring. Exp Clin Endocrinol Diabetes 2007;115:491-494.
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