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Diabetes-Medikament beeinflusst Cholesterin-Werte

Insbesondere kann das schädliche LDL-Cholesterin gesenkt werden

Dr. Stefan Brandmaier, Dr. Rui Wang-Sattler, Dr. Tao Xu Der Wirkstoff Metformin beeinflusst neben dem Blutzucker auch die Blutfettwerte von Patienten. Das fand ein interdisziplinäres Wissenschaftlerteam des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung (DZD) um Dr. Rui-Wang Sattler vom Helmholtz Zentrum München heraus. Speziell das schädliche LDL-Cholesterin kann gesenkt werden. Die Ergebnisse wurden nun im Fachjournal 'Diabetes Care' veröffentlicht.

Die DZD-Wissenschaftler vom Helmholtz Zentrum München und dem Deutschen Diabetes Zentrum Düsseldorf hatten für ihre Analyse die Blutproben von über 1.800 Patienten der groß angelegten KORA-Studie[1] sowohl genetisch als auch hinsichtlich ihrer Stoffwechselprodukte (Metabolite) untersucht. So führte die Gabe von Metformin[2] bei Patienten mit Typ-2-Diabetes zu einer signifikanten Konzentrationsänderung bestimmter Metabolite. Das zeige sich unter anderem an einem deutlich niedrigeren LDL-Cholesterinspiegel[3], so die Autoren. Dieses Molekül steht in Verdacht, durch Gefäßverkalkungen Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu begünstigen.

Metformin beeinflusst die Blutfettwerte über AMPK

Durch einen Abgleich der Metabolit-Konzentrationen mit den genetischen Informationen konnten die Wissenschaftler gemeinsam mit Kollegen aus den Niederlanden Metabolite und Gene identifizieren, die in die entsprechenden Stoffwechselwege eingebunden sind. "Die Einnahme von Metformin beeinflusst die Blutfettwerte über den Protein-Komplex AMPK[4] und reguliert vermutlich so vor allem die Gene FADS1 und 2 herunter. Das spiegeln auch die gesenkten Konzentrationen dreier Lipid-Metabolite wieder, die ohne FADS nicht hergestellt werden können. Dadurch wird die Bildung von LDL Cholesterin gebremst.", berichtet Dr. Rui Wang-Sattler, Leiterin der Arbeitsgruppe 'Metabolism' in der Abteilung Molekulare Epidemiologie am Institut für Epidemiologie II des Helmholtz Zentrums München.

"Unsere Studie legt nahe, dass Metformin einen positiven Effekt gegen kardiovaskuläre Krankheiten und somit einen zusätzlichen Nutzen für die Patienten erbringen könnte", sagt Erstautor Dr. Tao Xu. Darüber hinaus wollen die Wissenschaftler aufklären, auf welche Weise das seit etwa 50 Jahren verwendete Metformin auf molekularer Ebene wirkt. "Der exakte Mechanismus ist bis heute nicht ganz erforscht, dementsprechend werden unsere Anstrengungen, einen Beitrag zu seiner Entschlüsselung zu leisten, weitergehen", so Erstautor Dr. Stefan Brandmaier.

Original-Publikation: Xu, T. et al. (2015). Effects of metformin on metabolite profiles and LDL cholesterol in type 2 diabetes patients. Diabetes Care, DOI: 10.2337/dc15-0658.

Weitere Informationen

Das Helmholtz Zentrum München verfolgt als deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt das Ziel, personalisierte Medizin für die Diagnose, Therapie und Prävention weit verbreiteter Volkskrankheiten wie Diabetes mellitus und Lungenerkrankungen zu entwickeln. Dafür untersucht es das Zusammenwirken von Genetik, Umweltfaktoren und Lebensstil. Der Hauptsitz des Zentrums liegt in Neuherberg im Norden Münchens. Das Helmholtz Zentrum München beschäftigt rund 2.300 Mitarbeiter und ist Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft, der 18 naturwissenschaftlich-technische und medizinisch-biologische Forschungszentren mit rund 37.000 Beschäftigten angehören. Das Helmholtz-Zentrum München ist Partner im Deutschen Zentrum für Diabetesforschung e.V.

Die Abteilung Molekulare Epidemiologie (AME) analysiert populationsbasierte Kohorten und Fallstudien für bestimmte Krankheiten mit Hilfe von Genomik, Epigenomik, Transkriptomik, Proteomik, Metabolomik und funktionellen Analysen. Ziel ist, die molekularen Mechanismen komplexer Erkrankungen wie Typ-2-Diabetes oder Adipositas aufzuklären. Die Abteilung führt die Bioprobenbank der Epidemiologie und übernimmt die Probenverwaltung und Lagerung für nationale und internationale Projekte.

Das Institut für Epidemiologie II (EPI II) erforscht die Zusammenhänge von Umwelt, Lebensstil und Genetik bei der Entstehung von Diabetes, Erkrankungen des Herzens und der Erhaltung der Gesundheit im Alter. Die Forschung stützt sich auf die einzigartigen bevölkerungsbasierten KORA-Ressourcen (Kohorte, Herzinfarktregister, Aerosol-Messstation). Folgestudien innerhalb der Kohorte ermöglichen die Untersuchung von Frühformen und Komplikationen ausgewählter chronischer Erkrankungen und deren Verbreitung in der Bevölkerung.

Das Deutsche Zentrum für Diabetesforschung (DZD e.V.) ist eines der sechs Deutschen Zentren der Gesundheitsforschung. Es bündelt Experten auf dem Gebiet der Diabetesforschung und verzahnt Grundlagenforschung, Epidemiologie und klinische Anwendung. Ziel des DZD ist es, über einen neuartigen, integrativen Forschungsansatz einen wesentlichen Beitrag zur erfolgreichen, maßgeschneiderten Prävention, Diagnose und Therapie des Diabetes mellitus zu leisten. Mitglieder des Verbunds sind das Helmholtz Zentrum München ? Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt, das Deutsche Diabetes-Zentrum DDZ in Düsseldorf, das Deutsche Institut für Ernährungsforschung DIfE in Potsdam-Rehbrücke, das Institut für Diabetesforschung und Metabolische Erkrankungen des Helmholtz Zentrum München an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen und das Paul-Langerhans-Institut Dresden des Helmholtz Zentrum München am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus der TU Dresden, assoziierte Partner an den Universitäten in Heidelberg, Köln, Leipzig, Lübeck und München sowie weitere Projektpartner.

Kooperative Gesundheitsforschung in der Region Augsburg (KORA): Seit über 20 Jahren wird in der international bekannten KORA-Studie die Gesundheit tausender Bürger aus dem Raum Augsburg untersucht, um die Auswirkungen von Umweltfaktoren, Verhalten und Genen zu erforschen. Kernthemen der KORA-Studien sind Fragen zu Entstehung und Verlauf von chronischen Erkrankungen, insbesondere Herzinfarkt und Diabetes mellitus. Hierzu werden Risikofaktoren aus dem Bereich des Gesundheitsverhaltens (u. a. Rauchen, Ernährung, Bewegung), der Umweltfaktoren (u. a. Luftverschmutzung, Lärm) und der Genetik erforscht. Aus Sicht der Versorgungsforschung werden Fragen der Inanspruchnahme und Kosten der Gesundheitsversorgung untersucht.

Das Institut für Strukturbiologie (STB) erforscht die Raumstruktur biologischer Makromoleküle, analysiert deren Struktur und Dynamik und entwickelt NMR-Spektroskopie-Methoden für diese Untersuchungen. Ziel ist es, molekulare Mechanismen der biologischen Aktivität dieser Moleküle und ihre Beteiligung an Krankheiten aufzuklären. Die Strukturdaten werden als Grundlage für die rationale Entwicklung kleiner Molekülinhibitoren in Verbindung mit Ansätzen der chemischen Biologie angewandt.

Am Institut für für Humangenetik (IHG) stehen die Identifizierung und funktionelle Charakterisierung von Genen, die Krankheiten verursachen, im Mittelpunkt der Forschung. Dabei werden Genmutationen, Genvarianten und die Gen-assoziierten Signalwege untersucht. Inhaltliche Schwerpunkte bilden Endokrinopathien, Herzrhythmusstörungen, neurologische Störungen sowie Mitochondropathien. Durch die Kenntnis krankheitsverursachender Genvarianten lassen sich Konzepte für neue Therapieansätze entwickeln.

Schwerpunkt des Instituts für Bioinformatik und Systembiologie (IBIS) ist die Genom-orientierte Bioinformatik, bei der eine systematische Analyse der genetischen Information erfolgt. In diesem Rahmen werden Genomverschlüsselungen, Expressionsmuster und Proteomics untersucht. Dabei entwickelt und überprüft IBIS bioinformatische Methoden. Das IBIS verwaltet außerdem das Munich Information Center for Protein Sequences (MIPS), das genetische Datensätze enthält sowie Vergleichsanalysen von mikrobiotischen und pflanzlichen Genomen.

Das Institut für Gesundheitsökonomie und Management im Gesundheitswesen (IGM) untersucht Ansätze zur Verbesserung der Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit der Gesundheitsversorgung. Das Gesundheitssystem steht vor der Herausforderung, allen Bürgern eine qualitativ hochwertige und finanziell tragbare medizinische Versorgung zu gewährleisten. Der rasche medizinisch-technische Fortschritt und die demographischen Veränderungen verschärfen das beschriebene Spannungsverhältnis. Eine fundierte Evaluation der Strukturen und Prozesse der gesundheitlichen Versorgung unter den Gesichtspunkten von Effektivität und Effizienz ist eine unabdingbare Voraussetzung für rationales Handeln.

Hinweise und Quellen

  1. Kernthemen der KORA-Studien sind Fragen zu Entstehung und Verlauf von chronischen Erkrankungen, insbesondere Herzinfarkt und Diabetes mellitus. Hierzu werden Risikofaktoren aus dem Bereich des Gesundheitsverhaltens (u.a. Rauchen, Ernährung, Bewegung), der Umweltfaktoren (u. a. Luftverschmutzung, Lärm) und der Genetik erforscht. Aus Sicht der Versorgungsforschung werden Fragen der Inanspruchnahme und Kosten der Gesundheitsversorgung untersucht. Die KORA-Forschung soll insgesamt dazu dienen, neue Ansätze im Bereich der Prävention chronischer Krankheiten zu entwickeln und die Gesundheitsversorgung zu verbessern.

  2. Metformin ist das am längsten und das am häufigsten verabreichte orale Antidiabetikum. Klinische Studien zeigten bereits, dass es die Neubildung von Glukose in der Leber hemmt, der genaue Wirkmechanismus ist bisher aber noch nicht verstanden.

  3. LDL steht als Akronym für das englische Low Density Lipoprotein und bezeichnet ein Protein zum Transport von Blutfetten. Da es zumeist Cholesterin über das Blut in die Zellen transportiert, wird es oft als das "böse Cholesterin" beschrieben. Im Gegensatz dazu gilt das High Density Lipoprotein oder HDL als das "gute Cholesterin".

  4. Das als AMP-aktivierte Proteinkinase, kurz AMPK, bekannte Enzym wird durch den AMP- bzw. ATP-Spiegel der Zelle reguliert und ist so in der Lage den Energiezustand der Zelle festzustellen. Ist dieser sehr niedrig stoppt die AMPK aufwändige Prozesse wie die Cholesterin- oder Fettsäuresynthese.

Bildunterschrift: Dr. Stefan Brandmaier, Dr. Rui Wang-Sattler und Dr. Tao Xu
Bildquelle: Helmholtz Zentrum München (HMGU)

zuletzt bearbeitet: 06.08.2015 nach oben

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