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Diabetes: Neue CGM-Entscheidung in Berlin-Brandenburg

Kasse wehrt Kostenübernahme für kontinuierliche Glukosemessung ab

Erneut hat eine Krankenkasse die Kostenerstattung der Kontinuierlichen Glukosemessung (CGM) juristisch abgewehrt. Das zeigt ein aktuelles Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg (Aktenzeichen: LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 10.12.2014, L 1 KR 25/13). Der Deutsche Diabetiker Bund (DDB) kritisiert die Entscheidung scharf.

Geklagt hatte eine Typ-1-Diabetikerin mit einer Hypoglykämie-Wahrnehmungsstörung, Dawn-Phänomen (Blutzuckeranstieg in den frühen Morgenstunden) und starken Hormonschwankungen. Die Patientin ist gleichzeitig an Brustkrebs erkrankt. Die Chemo- und Strahlentherapie wirkte sich auch auf die Blutzuckereinstellung aus. Aufgrund der Ablehnung der Kostenübernahme eines CGM-Systems durch ihre Kasse (BIG direkt gesund) bat sie schon im April 2009 das zuständige Sozialgericht um erneute Prüfung in ihrem Einzelfall.

Der Rechtsstreit dauerte insgesamt sechs Jahre und endete jetzt in dem aktuellen Urteil: Das Landessozialgericht wies als höhere juristische Instanz die Berufung der Klägerin ab; eine Revision ließ es nicht zu. Die Insulinpumpenträgerin bleibt damit auf den Kosten für ihr CGM-System und die notwendigen Sensoren sitzen.

Das Gericht begründet sein Urteil u. a. damit, dass ein CGM-Gerät nicht bei allen Typ-1-Diabetikern mit einer Wahrnehmungsstörung für Unterzuckerungen erforderlich sei. Zu dieser Erkrankung müsse das besondere Risiko unvorhersehbarer schwerer Hypoglykämien hinzukommen, dem auch nicht mit einer Blutzuckermessung von maximal 10 Messungen am Tag ausreichend entgegen gewirkt werden kann. Es sei jedoch nicht ersichtlich, dass die Klägerin an häufigen schweren Hypos, schweren nächtlichen Unterzuckerungen leide oder in letzter Zeit zwei schwere Hypoglykämien mit nachgewiesenem Fremdhilfebedarf gehabt hätte. Daher zähle sie auch nicht zur Risikogruppe der Patienten, die ein CGM-System benötigten.

Gericht beruft sich auf DDG-Positionspapier

Das Landessozialgericht beruft sich damit inhaltlich auf ein Positionspapier der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG, Arbeitsgemeinschaft diabetologische Technologie e.V.) aus dem Jahr 2010. "Diese Rechtsauffassung ist unrichtig, zumal nicht auf Veröffentlichungen der DDG abzustellen ist. Auch Leitlinien können generell nicht auf dem neuesten medizinischen Stand sein", kritisiert der DDB-Bundesvorsitzende Dieter Möhler. Die Begründung des LSG wundert den Rechtsanwalt insofern, weil sogar die höchstrichterliche Rechtsprechung bisher durchgängig davon ausgeht, dass nicht die Fachgesellschaften, sondern der Gemeinsame Bundesausschuss den Stand der Medizinwissenschaft abbildet.

Die Einschätzungen zur CGM in dem DDG-Papier hält er schlicht für unüberlegt. Rechtsanwältin Sabine Westermann vom DDB-Rechtsberatungsnetz ergänzt: "Für Patienten entstehen erhebliche Nachteile, wenn sie erstmal mindestens zwei schwere Hypos mit Fremdhilfe nachweisen müssen. Und was, wenn keine Fremdhilfe verfügbar ist?" Auch die 10 Blutzuckermessungen am Tag sieht sie skeptisch. "Kaum ein Diabetiker bekommt 900 Streifen im Quartal von seinem Diabetologen verordnet, weil viele Ärzte Regresse befürchten."

Zuletzt hatte der DDB im Oktober 2014 die DDG zu einer klaren Positionierung zur CGM aufgefordert und deren Erfordernis von gehäuften schweren Hypoglykämien als Voraussetzung für ein CGM-System beanstandet.

Im Kampf um die Kostenübernahme der CGM wird sich der DDB weiter für Menschen mit Diabetes stark machen. Diese Hilfsmittel zeigen Glukosetrends an und warnen den Patienten vor zu hohen oder zu niedrigen Werten, wodurch Hypoglykämien rechtzeitig erkannt und erfolgreich vermieden werden können.

zuletzt bearbeitet: 31.01.2015 nach oben

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