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Diabetes als Spätfolge einer Strahlentherapie

Die Bauchspeicheldrüse reagiert in der Kindheit besonders empfindlich auf eine Bestrahlung

Aktuelle Studien vorgestellt und kommentiert von Prof. Helmut Schatz

Bisher wurde die Bauchspeicheldrüse als relativ strahlenresistent angesehen. So führen die französischen und britischen Leitlinien das Pankreas nicht als Risikoorgan einer Strahlentherapie an. Eine neue Studie weist jetzt erstmals eine Dosis-Wirkungsbeziehung zwischen einer Bestrahlung in der Kindheit und dem Auftreten eines Diabetes nach.

Diese wurde unter der Leitung von Florent de Vathaire, INSERM, Villejuif, Frankreich an Patienten aus Frankreich und Großbritannien durchgeführt, die in der Kindheit wegen eines Neuroblastoms, eines Wilms-Tumors (=Nephroblastoms) oder eines Hodgkin-Lymphoms eine abdominale oder Ganzkörper-Bestrahlung als Teil des Therapiekonzepts erhalten hatten. Sie wurden im Mittel 28 Jahre nachbeobachtet. Der Diabetes trat selten vor dem 20. Lebensjahr auf, dann erfolgte ein steiler Anstieg. Mit 45 Jahren hatten 6.6 % der bestrahlten und nur 2.3 % der Kontrollpersonen einen Diabetes entwickelt (p=0.0003).

Der Effekt war abhängig von der Strahlendosis. Er war besonders ausgeprägt, wenn die inselzellreiche Pankreasschwanzregion einer Strahlenbelastung ausgesetzt war. Etwa die Hälfte der Patienten wurde mit oralen Antidiabetika behandelt, und ungefähr je ¼ mit Insulin allein oder kombiniert mit beiden.

Schon in der "Childhood Cancer Survivor Study" in den USA war eine Diabeteshäufung bei in der Kindheit bestrahlten Personen gefunden worden: Nach Strahlentherapie war ein Diabetes bei Neuroblastom-Patienten 7x, bei Wilms-Tumoren oder Hodgkin-Lymphomen 2x häufiger als bei ihren nicht bestrahlten Geschwistern. Die Dosis-Wirkungsrelation in der neuen Studie spricht jetzt für eine Kausalität.

Kommentar: Das Pankreas muss nach diesen Befunden als ein vor allem in der Kindheit strahlensensibles Organ angesehen werden. Ein Screening auf Diabetes ist nach Bestrahlung im frühen Alter spätestens ab dem 20. Lebensjahr in die Nachkontrollen einzubeziehen. In Deutschland betreffen Neuroblastome etwa 8 % aller Krebsformen im Kindes- und Jugendalter, das sind ∼140 Kinder pro Jahr, Wilms-Tumoren stellen ∼6 bis 10 % aller bösartigen Tumoren in diesem Lebensabschnitt dar.

Quellen

  • Lancet Oncology, published online August 22, 2012
  • Arch Intern Med, 2009. 169: 1381-1388

zuletzt bearbeitet: 31.08.2012 nach oben

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