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Hoffnung für Patienten mit Diabetischem Fußsyndrom

Ambulante MRSA-Therapie ist differenziert und systematisch

"Wir müssen im Kampf gegen multiresistente Keime sparsam und verantwortungsbewusst, aber kompromisslos vorgehen", erklärt der Chirurg Hans-Jörg Höning auf dem Deutschen Wundkongress der Initiative Chronischer Wunden (ICW) in Bremen.

Er verweist auf die Antibiotikaresistenzen, die die Behandlung von MRSA-Patienten erschweren und ärztliche Therapiemöglichkeiten zunehmend einschränken. Der niedergelassene Chirurg und MRSA-Experte aus Hamm fordert in seinem Vortrag dazu auf, Risikopatienten zu screenen und bei positivem Befund systematisch und gezielt zu sanieren sowie strukturiert Hygienemaßnahmen in den Arztpraxen zu etablieren. "Ambulante MRSA-Bekämpfung ist möglich", erklärt der Arzt - auch bei infizierten offenen Wunden. Er empfiehlt bei einer Wundinfektion mit MRSA (Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus, Anmerkung d. Red.) nicht nur die Wunde zu behandeln: "Der Mensch muss immer als Ganzes therapiert werden." MRSA-Bekämpfung erfordere ein differenziertes Vorgehen, exakte Diagnostik, Therapie und Surveillance.

Multiresistene Erreger gehören in der ambulanten Chirurgie längst zum Alltag. Der niedergelassene Chirurg behandelt etwa 900 MRSA-Betroffene pro Jahr, meist multimorbide Patienten aus Alten- und Pflegeheimen. Etwa 300 haben offene Wunden wie Diabetisches Fußsyndrom, Dekubitus, Ulcus cruris. "90 Prozent dieser Patienten können in unserer Praxis erfolgreich saniert werden", sagt Höning. Nach eigenen Angaben behandelt er einen Großteil der MRSA-Fälle in Hamm und Umgebung und arbeitet interdisziplinär in dem Hammer Wundnetz mit je 20 Altenheimen und Pflegediensten sowie Homecare-Unternehmen und Wundmanagern zusammen.

Hans-Jörg Höning unterscheidet in der Therapie nicht zwischen kolonisierten und infizierten Patienten. "Search and destroy", d. h. die Keime suchen und vernichten, ist das Motto der MRSA-Sanierung. Damit folgt er dem Vorbild der in der MRSA-Bekämpfung erfolgreichen Niederländer und erreicht eine MRSA-Prävalenz von 1,5 Prozent. Zu einer gezielten MRSA Anamnese rät er, verschiedene Körperstellen auf den Hautkeim zu untersuchen. Dazu gehören Nase und Rachenraum, Leiste, Anus, Wunden, Urin sowie Katheter und Tuben. Sobald ein Patient als MRSA-Träger entdeckt wird, behandelt er ihn gezielt - je nach Fundort der Keime. Ist der Patient nur kolonisiert, reicht laut Höning meist eine Sanierung der Haut mit speziellen polihexanidhaltigen Waschlösungen, wie z. B. Prontoderm. Nachteil sei, dass diese Produkte als Medizinprodukte nicht abrechenbar seien und von den Patienten selbst gezahlt werden müssten.

Grundsätzlich empfiehlt der Experte auf Monoantibiosen zu verzichten, eine Kombination mehrerer Mittel erhöhe die Wirkungsweise. Weiterhin wichtig sei, Antibiotika ausreichend hoch genug zu dosieren, um keine Resistenzen zu erzeugen. Bei infizierten offenen Wunden sei eine systemische Antibiotikatherapie nicht das Mittel der ersten Wahl. Es seien eher spezielle Wundauflagen mit Silberalginat oder Hydrogele mit Octenidin, Honigprodukte sowie die Madentherapie geeignet. Außerdem hilfreich sei es, die Wunde zu spülen. Dafür gäbe es Antiseptika, die den Wundbelag lösen, die Wunde säubern und die Keime ausschwämmen wie z. B. Polihexanid-haltige Spüllösungen.

Höning führt nach der Sanierungsdauer von zehn Tagen engmaschige Kontrollen durch: Vier Tage nach Therapieende, nach einem, drei, sechs Monaten und schließlich nach einem Jahr. Bei zusätzlichem Bedarf, z. B. durch zwischenzeitliche Krankenhausaufenthalte, erfolgen zusätzliche Abstrich-Kontrollen.

Entscheidend für den Therapieerfolg ist der organisatorische Praxisablauf und die Praxishygiene. Damit die Keime nicht über die Hände von Patient zu Personal und von Personal zu Patient übertragen werden, gehören in der Hammer Praxis Kittel, Mundschutz, Handschuhe und ein No-Touch-Grundkonzept zum Alltag. "MRSA-Patienten kommen am Ende der Sprechstunde. Alle mit den Händen in Berührung kommenden Gegenstände in der Praxis werden während und nach der Untersuchung desinfiziert.", sagt der MRSA-Experte. Kontaminierte, schmutzige Gegenstände und saubere Materialen werden konsequent getrennt. "Der finanzielle Aufwand für diese Maßnahmen ist gering - schützt aber mein Team, die anderen Patienten und auch mich", so Höning. Überzeugt habe ihn eine selbst durchgeführte Untersuchung auf einer Beatmungsstation in einem Altenpflegeheim, bei der sich mit Hygienemaßnahmen die MRSA-Rate habe halbieren lassen.

"MRSA ist therapierbar, verlangt aber ein situationsgerechtes Vorgehen mit exakter Befunderhebung, eine strikte Überwachung des Verlaufs mit wiederholten Abstrichen sowie genaue Vorgaben über die notwendigen Follow ups", fasst Höning zusammen. Für ihn müssen Begriffe wie die resistogrammgerechte Antibiose genauso eine Selbstverständlichkeit werden wie die Händedesinfektion und der Handschuhgebrauch. Höning ist davon überzeugt, dass der Kampf gegen MRSA gewonnen werden kann: "Die Erkenntnisse, die wir bei MRSA gewinnen, sind geeignet den Herausforderungen zu begegnen, die uns bei multiresistenten gram-negativen Erregern - wie z. B. ESBL, EHEC - bevorstehen werden."

zuletzt bearbeitet: 15.05.2012 nach oben

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