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"Bei uns undenkbar"

Japanische Wissenschaftler zu Gast in Duisburg

Wie geht es Diabetikern in Deutschland? Bringen die strukturierten Diabetes-Behandlungsprogramme ("Disease-Management-Programme", kurz DMP) eine Verbesserung der Diabetikerversorgung in unserem Land? Diese und viele weitere Fragen stellten vier japanische Pharmazeuten und Ökonomen am Mittwoch, 25. Oktober, in der Geschäftsstelle des Deutschen Diabetiker Bundes (DDB), Landesverband Nordrhein-Westfalen, in Duisburg.

Martin Hadder, DDB-Landesvorsitzender, informierte die Gäste aus Asien und erklärte: "Die DMP sind nach bisheriger Einschätzung eine Verbesserung für die Diabetiker in Deutschland. Sie waren eine schwierige Geburt und sind noch nachzubessern!"

Prof. Dr. med. Hiroyuki Sakamaki (Meijo Universität, Nagoya) und seine Delegation sind "sehr interessiert an der Diabetikerversorgung in Deutschland, weil bei uns in Japan der DMP-Gedanke neu ist, in Deutschland die Programme aber schon gesetzesrelevant sind". Mit Sakamaki unterwegs ist u. a. Yasunori Iijima, Vorsitzender der Japanischen Pharmazeutischen Gesellschaft. Die Japaner sind in diesem Jahr schon zum zweiten Mal in Deutschland: Im Januar wurde das "Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit" (IQWiG) besucht, in diesen Tagen nun stehen noch auf dem Programm das Bundesversicherungsamt (Bonn) sowie der AOK-Bundesverband.

Vom Diabetiker Bund wollte man nun wissen: Wie weit sind die Diabetes-Programme in Deutschland in den Augen der Patienten - und vor allem: Wie bewerten die Betroffenen die Programme? Martin Hadder und sein Stellvertreter Lothar Rupprecht präsentierten der Delegation Ergebnisse verschiedener aktueller Patientenumfragen und gaben dazu persönliche Einschätzungen: "Die Programme bringen eine Verbesserung", so Martin Hadder, "aber sie sind noch nicht überall im Sinne des Patienten umgesetzt, Ärzte klagen nach wie vor über hohen Verwaltungsaufwand, und die Vernetzung der verschiedenen Ebenen ist aufgrund datenschutzrechtlicher Bedenken in Deutschland noch nicht gut fortgeschritten." Lothar Rupprecht sagte: "Der DDB fordert mehr Schulungen für Diabetiker und mehr Nachhaltigkeit, sprich Nachbetreuung nach der Schulung! Das ist leider in den DMP nicht vorgesehen." Und weiter: "Übrigens - wer Mitglied im Deutschen Diabetiker Bund ist, hat deutlich weniger Diabetes-Folgeerkrankungen! Auch das zeigen unsere Umfragen!"

Prof. Sakamaki zeigte sich nach dreistündiger Diskussion sehr überrascht über das Selbsthilfe-Engagement in Deutschland: "Bei uns ist undenkbar, dass sich Patienten zusammenschließen, gesundheitspolitisch Einfluss nehmen oder gar selbst Patientenzeitschriften herausgeben!" Um so interessanter fand er die Information, dass der Deutsche Diabetiker Bund an der Verbesserung der DMP aktiv teilnimmt.

Prof. Sakamaki leitet die Abteilung Klinische Ökonomie an der Pharmazeutischen Fakultät der Meijo-Universität in der Millionenstadt Nagoya auf Honshu. Er schreibt in internationalen Fachblättern über den Aufbau strukturierter Diabetes-Programme in Japan. "Den Bericht aus unserem Deutschland-Besuch übergeben wir dem japanischen Gesundheitsministerium."

zuletzt bearbeitet: 26.10.2006 nach oben

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