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Diabetes: Ernährung und Prävention
Abstract zum Vortrag von Prof. Andreas F. H. Pfeiffer im Rahmen der Pressekonferenz zur 41. Jahrestagung der Deutschen Diabetes-Gesellschaft (DDG) in Leipzig.An Konzepten für eine gesunde Ernährung fehlt es nicht. Aber worauf kommt es an?
Das Diabetesrisiko steigt rasant mit dem Körpergewicht: jeweils 4 kg Gewichtszunahme verdoppeln das Risiko, und 4 kg Gewichtsreduktion halbieren es!
Die Zunahme des Übergewichts und damit des Diabetes in der Bevölkerung könnte durch eine "klügere" Ernährung reduziert oder sogar umgekehrt werden - ein wichtiger Schritt zur Prävention. Aber wie sieht eine klügere Ernährung aus?
An Konzepten wie Glyx-Diät, Atkins-Diet, South Beach Diet etc., mangelt es nicht. Sie sind allerdings weder wissenschaftlich belegt noch bevölkerungswirksam - wer will schon auf Dauer eine Diät einhalten? Deshalb:
- Erster Schritt: Nichts behaupten was wir (Ernährungsmedizin und Diabetologie) nicht wirklich wissen.
- Zweiter Schritt: Vorhandenes Wissen anwenden.
- Dritter Schritt: Ernährungsmedizinische Forschung vorantreiben in Richtung auf individuelle, also auf den einzelnen angepasste Empfehlungen.
- Vierter Schritt: Forschung mit den Nahrungsmittelherstellern verknüpfen, so dass sinnvolle, attraktive, gutschmeckende Produkte allgemein verfügbar sind.
Notwendig ist ein Angebot an gesundheitsfördernden, normalen, wohlschmeckenden Nahrungsmitteln, die jedermann im Supermarkt täglich kaufen kann und gerne isst. Aktuell kann u.a. als gesichert gelten:
- Die Gesamtkalorienaufnahme darf den Energieverbrauch nicht überschreiten
- Die Energiedichte, d.h. kcal/Gramm Nahrung, sollte gering sein
- Ein hoher Anteil an gesättigten oder gehärteten Fetten ist ungesund, Gasamtfettaufnahme ca. 30-35%.
- Ballaststoffreiche Ernährung ist mit geringerem Körpergewicht, weniger Diabetes und weniger Atherosklerose verbunden.
- Eine abwechslungsreiche Nahrung mit viel Gemüse und Obst stellt die Vitamin-, Mikronährstoff- und Mineralienversorgung weitgehend sicher
Eine Ernährung nach dem mediterranen Muster entspricht z.B. diesen Empfehlungen, es geht aber genauso mit deutscher Kost, wenn die Zutaten stimmen.
Wichtige aktuelle offene Fragen sind z.B.:
- Was erlaubt die Vorhersage individuell sinnvoller Ernährungsempfehlungen? Sind Stoffwechselprofile im Blut (Metaboliten), Genmuster oder Muster der Appetit- und Stoffwechselhormone oder Faktor X (noch zu entdecken) hilfreich?
- Für wen ist der glykämische Index (GI), der wissenschaftlich keine gesicherte Rolle hat, interessant?
- Wer profitiert von einem hohen Proteinanteil und hilft er, um Übergewicht zu vermeiden? Gibt es Nachteile proteinreicher Ernährung? (Diogenes EU-Studie unterwegs zu GI und Protein)
- Ist die Regulation der Darmbakterien (Präbiotika und Probiotika) durch Nahrung sinnvoll und wenn ja, wer profitiert durch welche Mechanismen?
- Welche Mikronährstoffe sind wichtig wie z.B. Antioxidantien und Spurenelemente, und wer profitiert von welcher Menge?
- Wie wirken Fettsäuren und welches Muster ist für wen sinnvoll?
Die aktuellen Kenntnisse beantworten bei weitem nicht die offenen Fragen der Ernährungsmedizin, aber die vorhandenen Empfehlungen könnten vielen Menschen helfen, gesünder zu bleiben, wenn sie befolgt würden. Es besteht erheblicher Forschungsbedarf mit modernen Methoden, die auf ein molekulares Verständnis zielen.
Bildunterschrift: Prof. Andreas F. H. Pfeiffer, Direktor der Abteilung für Endokrinologie, Diabetes und Ernährungsmedizin, Charité Berlin, Leiter der Abteilung Klinische Ernährung des Deutschen Instituts für Ernährungsforschung in Potsdam.
Bildquelle: Deutsche Diabetes-Gesellschaft (DDG)