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Geklonte Schweine zur Organtransplantation
Forscher: Heilung des Diabetes rückt in greifbare Nähe
Einem britischen Biopharma-Unternehmen ist es zum ersten Mal gelungen, Schweine zu klonen - mit dem Ziel, Organtransplantationen für Menschen verlässlicher zu machen. Die Firma PPL Therapeutics teilte mit, dass die ersten fünf Ferkel der "Klonreihe" am 25.12.2001 zur Welt kamen. Die gesunden Tiere seien auf die Namen Noel, Angel, Star, Joy und Mary "getauft" worden.
Die Namen sind das einzige, was die Ferkel voneinander unterscheidet - als Klone sind sie genetisch völlig identisch. Das Besondere bei diesen Tieren: Den Wissenschaftlern ist es gelungen, ihnen ein Gen zu entfernen, das bei Transplantationen bisher das menschliche Immunsystem aktiviert und das Spenderorgan abgetötet hat.
Nicht zum ersten Mal hat PPL in der umstrittenen Gentechnik die Nase vorn: Das Unternehmen ist eine Tochtergesellschaft des schottischen Roslin-Instituts, das 1997 mit der Züchtung von Schaf Dolly, dem ersten geklonten Tier überhaupt, weltweit für Schlagzeilen sorgte.
PPL-Vizepräsident David Ayares sprach in einer Presseerklärung von einem "Meilenstein" in der Entwicklung der Tier-zu-Mensch-Transplantation. "Mit Hilfe unserer Fortschritte werden wir den dramatischen Mangel an Spenderorganen in absehbarer Zeit überwunden haben. Auch die erfolgreiche Transplantation Insulin produzierender Zellen, und damit die Heilung des Diabetes mellitus, rückt in greifbare Nähe."
Versuche mit anderen Tieren haben gezeigt, dass sich Schweine besonders gut für Transplantationen eignen. Der Grund ist einfach: Ihre Organe entsprechen in der Größe ungefähr denen des Menschen.
"Das von unseren Forschern entfernte Gen GGTA1 überzieht die Oberfläche der Zellen eines Schweins mit einer Art Zucker.", erklärt April D'Arcy von PPL das Problem. "Bei einer Transplantation auf den Menschen ist dieser Zucker für die heftigen Abwehrreaktionen verantwortlich, die das neue Organ letztlich binnen Stunden abtöten. Das hat die Verpflanzung von Schweineherzen, -nieren, -lebern oder -zellen bisher so schwierig gemacht."
Nun ist das Unternehmen nach eigener Einschätzung einen bedeutenden Schritt voran gekommen. Durch weitere Züchtungen sollen künftige Transplantationen zunächst noch sicherer gemacht werden. Die ersten klinischen Tests könnten Ende 2005 beginnen. Dann solle zuerst versucht werden, Diabetikern Inselzellen zu übertragen und so die körpereigene Insulinproduktion wieder anzukurbeln.
Skeptiker warnen jedoch davor, den "Durchbruch" überzubewerten und weisen auf ein anderes, möglicherweise größeres Problem hin: Bei der Verpflanzung von artfremdem Gewebe können gefährliche Viren mit übertragen werden. Viele Experten sehen darin die Gefahr neuer Erkrankungen, die Ausmaße vergleichbar der Aids-Epidemie annehmen könnten. Gegen dieses Risiko, so die Kritiker, habe auch PPL Therapeutics kein Rezept parat.