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Teenager sparen Insulin, um schlank zu bleiben
Eine von zehn Typ-1-Diabetikerinnen ist essgestört
Auch pubertierende Typ-1-Diabetikerinnen wollen den durch Mangelernährung krankheitsgefährdeten Modells à la Kate Moss nacheifern, die ihnen von der Mode-Industrie als "Ideal-Figur" vorgaukelt werden. Um der Ideal-Modellfigur näher zu kommen tun sie vieles, so Klaudia Hörist, ernährungsmedizinische Beraterin vom Deutschen Institut für Ernährungsmedizin und Diätetik (D.I.E.T.) in Bad Aachen. Fasten, einseitige Ernährung, Ess-Brechanfälle (Bulimie), Auslassen von Insulin-Injektionen, gezielte Reduktion der Insulindosis oder exzessive Bewegung sollen zum Energieverlust führen.
In Deutschland sind 22.000 Kinder und Jugendlichen an Diabetes mellitus erkrankt. Die meisten von ihnen haben einen Typ-1-Diabetes. Sie müssen ein Leben lang Insulin spritzen und einen geregelten Ernährungsplan einhalten.
Der schlanken Linie zuliebe bremsen vor allem weibliche Teenager ihren Stoffwechsel künstlich, indem sie sich weniger Insulin spritzen als erforderlich. Es kommt zu großen Blutzuckerschwankungen und einer Glukosurie (Zuckerausscheidung über den Harn). Damit riskieren sie doppelt ihre Gesundheit. Das Untergewicht und die schlechte Stoffwechseleinstellung bringt Wachstums- und Reifungsstörungen mit sich.
Auch die mangelnde Zufuhr der wichtigen Mineralstoffe Chrom und Zink können die Folge sein. Die Mineralien sind wichtig für eine optimale Blutzuckereinstellung, so DIET-Sprecher Sven-David Müller. Andererseits leistet das Insulin-Defizit der frühen Entwicklung diabetischer Sekundärkomplikationen Vorschub.
Betroffene Mädchen tragen ein dreifach erhöhtes Risiko, durch die diabetische Retinopathie ihre Sehkraft einzubüßen. Diabetes mellitus ist in den westlichen Industrieländern die häufigste Ursache für Erblindung. Von diesem traurigen Schicksal sind in Deutschland pro Jahr mindestens 3.000 diabetische Patienten betroffen.
Zehn Prozent der jungen zuckerkranken Frauen weisen in den USA eine klinisch manifeste Essstörung auf. 30 Prozent der Zuckerkranken berichten über gelegentliche Ess-/Brech-Anfälle. Das DIET fordert, dass Teenager vom behandelnden Arzt und Diabetesberater besser darüber aufgeklärt werden, welche gesundheitlichen Risiken der grassierende Schlankheitswahn bringt. Essgestörte, diabetische Jugendlichen benötigen eine engmaschige ärztliche Betreuung und psychosoziale Hilfen zur besseren emotionalen und praktischen Bewältigung ihrer Erkrankung.
Weitere Informationen zu Diabetes erteilt der Bund diabetischer Kinder und Jugendliche e.V. (BDKJ) in Kaiserslautern.