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Bitte nicht nüchtern!
Aufspüren des Typ-2-Diabetes mit Blutzuckerwerten nach dem Essen
Ihr Arzt möchte Ihren Blutzucker testen. "Kommen Sie das nächste Mal bitte nüchtern zur Blutabnahme", hieß es bisher oft. Doch das wird sich ändern. Das medizinische Interesse richtet sich zunehmend, besonders beim Typ-2-Diabetiker, auf den Blutzuckerwert nach dem Essen.
Vieles spricht für eine Messung nach dem Essen. Nimmt der Mensch Nahrung auf, fluten anschließend zeitversetzt im Blut hohe bis sehr hohe Glukosespiegel an. Zum Ausgleich werden eine halbe bis eine Stunde nach einer Mahlzeit hohe Insulinspiegel benötigt. Wenn die Betazellen der Bauchspeicheldrüse nicht mehr ausreichend Insulin produzieren, muss gespritztes Insulin die Blutzuckerspitzen abpuffern.
Studien, die im Mai beim Kongress der Deutschen Diabetes Gesellschaft präsentiert wurden, bestätigen, dass gerade die hohen Blutzuckerwerte nach dem Essen einen wichtigen Risikofaktor für Folgeschäden darstellen.
Auch bei einem niedrigen Nüchternwert kann es nach der Mahlzeit zu sehr hohen Blutzuckerspitzen kommen. Diese Erkenntnis hatte sich schon lange angedeutet, denn zum Zeitpunkt der Diabetesmanifestation lagen oft schon die ersten Folgeschäden vor. Für das Aufspüren des Typ-2-Diabetes können also gerade die Blutzuckerwerte nach dem Essen die ersten entscheidenden Hinweise geben.
Solche Erkenntnisse werfen natürlich gleichzeitig die Frage auf, wie diese gefährlichen Blutzuckerspitzen nach dem Essen durch eine Insulintherapie zu beeinflussen sind. Lilly hat sein kurz wirksames Insulin Analogon, kombiniert mit einem Verzögerungsinsulin, nun als Mischinsulin herausgebracht. Bekanntlich dominiert bei der Behandlung von Typ-2-Diabetikern nach wie vor die Mischinsulintherapie. Das neue Mischinsulin puffert laut Studien die Blutzuckerspitzen nach dem Essen besser, als die herkömmlichen dies tun. Das vorausgesagte Resultat - weniger Folgeschäden.
Um Missverständnissen vorzubeugen: Als bestmögliche Behandlung wird auch bei Typ-2-Diabetikern die "intensivierte Insulintherapie" mit täglich mindestens fünf Injektionen angesehen. Doch gerade ältere Patienten lehnen diese Therapie oft ab. Hier empfiehlt sich dann eine Behandlung mit den neuen Mischinsulinen, welche die Blutzuckerspitzen nach dem Essen gut auffangen und zudem den Spritz-Essabstand verringern oder entfallen lassen. Das bringt eine größere Flexibilität im Alltag, wodurch oft auch die Bereitschaft des Patienten zur ordnungsgemäßen Anwendung der Insulintherapie erhöht wird.
Die neuen Insuline bieten also eine große Chance für einen weiten Patientenkreis, insbesondere bei älteren Diabetikern. Die Blutzuckerkontrolle nach dem Essen wird immer wichtiger. Bald wird es deshalb auch bei Ihrem Doktor heißen: "Bitte kommen Sie nicht nüchtern, sondern nach dem Essen zur Blutzuckerkontrolle". Wenn nicht, dann fragen Sie doch einfach Ihren Hausarzt mal nach dem wichtigen Wert nach der Mahlzeit. Ein erster Schritt zur Veränderung.