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Die Arzneimittelbudgets haben ausgedient
Gegen Rationierung und Unterversorgung
Statement des Bundesvorsitzenden zur Diskussionsveranstaltung des Verbandes Forschender Arzneimittelhersteller e.V. am 28. August 2000 zum Thema: "Die Arzneimittelbudgets haben ausgedient - Gegen Rationierung und Unterversorgung".
Als Stoffwechselstörung ist Diabetes mellitus eine chronische Krankheit, von der heute in Deutschland 4,8 Millionen Menschen bei einer Dunkelziffer bis 6 Millionen betroffen sind. Der Deutsche Diabetiker Bund e.V. nimmt mit seinen mehr als 35.000 Mitgliedern die Interessen aller Betroffenen wahr; in nahezu 700 Selbsthilfegruppen finden sich in regelmäßigen Veranstaltungen zur Wissensvermittlung, zum Erfahrungs- und Gedankenaustausch und zur gemeinsamen Freizeitgestaltung sehr viele Betroffene in Gemeinsamkeit zusammen.
Nach dem Grad der Betroffenheit wie Diabetes mellitus Typ 2 oder Typ 1 (annähernd 250.000 der Betroffenen) sind die Therapie-Ansätze sehr unterschiedlich und reichen von strengen Ernährungsvorschriften zur Gewichtsverminderung über orale Antidiabetika, Kombination von Insulinen und Antidiabetika, Insulingaben mit und ohne intensivierter Therapie bis zur Insulinpumpe zur kontinuierlichen Versorgung der Betroffenen (z.Zt. ca. 20.000 Betroffene).
Sehr häufig wird der Typ-2-Diabetiker erst erkannt, wenn bereits Folgeschäden an Augen, Nieren oder Füßen sichtbar werden. Die Therapie des Diabetes mellitus ist finanziell aufwendig, der Blutzuckerteststreifen wird vom Versandhandel mit ca. 1,20 DM/Stück abgegeben; der intensiviert behandelte Betroffene benötigt mindestens 3 Teststreifen/Tag; bei einem Bedarf von 50 Insulineinheiten/Tag entstehen monatliche Aufwendungen von ca. 250,00 DM.
Damit werden sowohl die den Hausärzten wie auch den diabetologischen Schwerpunktpraxen gegebenen Budgets für die diabetologische Versorgung überzogen; insbesondere diabetologische Schwerpunktpraxen sind zu sich wiederholenden quartalsweisen Analysen für die Kassenärztlichen Vereinigungen gezwungen, um Überschreitungen vorgegebener Limite zu begründen.
Betroffene tragen gegenüber dem Bundesvorstand des DDB wiederholt Aussagen von behandelnden Ärzten vor wie:
- Was ich der einen Gruppe chronisch Kranker mehr gebe, muss ich einer anderen Gruppe wegnehmen.
- Was soll ich Ihnen verschreiben: Insulin oder Teststreifen?
- Teststreifen kann ich Ihnen nicht oder nur in geringer Menge verschreiben.
- Aus Kostengründen und Limitierungen der KV ist die Therapie mit Analoginsulinen nicht möglich.
- Erforderliche Therapieeinschränkungen bei Vorliegen mehrerer chronischer Krankheiten (Diabetes mellitus und Magen-Darm, HKL o.ä.).
Deshalb fordert der Deutsche Diabetiker Bund auf der Grundlage seines Grundsatzprogrammes im Interesse aller Betroffenen
- eine uneingeschränkte, wissenschaftlich-begründete Therapie und ihre Finanzierung;
- die konsequente Durchsetzung der von der Deutschen Diabetes-Gesellschaft erarbeiteten "Leitlinien Diabetes mellitus";
- die verbindliche Anwendung der in verschiedenen Bundesländern erarbeiteten "Diabetes-Vereinbarungen" mit den vertragsschließenden Partnern;
- die Erarbeitung von "Diabetes-Vereinbarungen" in allen Ländern bzw. Bereichen;
- die Herauslösung der Aufwendungen von Blutzuckerteststreifen aus dem Arzneimittelbudget und ihre Einordnung in die Sachbezüge für Heil- und Hilfsmittel;
- die Erarbeitung der "Anwenderversion der Leitlinien Diabetes mellitus" durch die Deutsche Diabetes-Gesellschaft im Zusammenhang mit der "Patientenversion" zur aktiven Mitwirkung der Betroffenen über den Gesundheits-Pass Diabetes als "mündige Patienten";
- die zielstrebige Verabschiedung des diskutierten Podologengesetzes zur intensiven Behandlung des diabetischen Fußes als eine der hauptsächlichen Folgeerkrankungen bei Diabetes mellitus.
Mit seinen Veranstaltungen in den Selbsthilfegruppen und seinem Wirken auf Regional- und Länderebenen wird der Deutsche Diabetiker Bund seinen Beitrag zur Entwicklung und Förderung der Eigenverantwortung und Motivation der Betroffenen leisten.