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Lisa, ein Kind mit Diabetes mellitus Typ 1
Diabetes schon im ersten Lebensjahr
 Diabetes 
  mellitus Typ 1 trifft die Familie von Lisa vollkommen unvorbereitet. Gerade zehn Monate ist Lisa 
  alt, als sie bei einem schweren Infekt im Sommer viel trinkt und entsprechend viel einnässt. Die 
  äußeren Umstände, Hitze und Fieber, lassen eigentlich nichts Schlimmes vermuten. Aber nach nur 
  36 Stunden liegt Lisa apathisch und schwer atmend in ihrem Bettchen.
Auf der Intensivstation im Krankenhaus wird Lisa an den Tropf gelegt. Zu diesem Zeitpunkt hat sie bereits 10 % ihres Körpergewichtes verloren. Zusehends geht es dem kleinen Baby besser. Der Arzt hat sofort die richtige Diagnose gestellt: Diabetes mellitus Typ 1. Insulin ist jetzt das Mittel der Wahl und rettet Lisa das Leben. Es ist, wie so oft bei Kindern mit Diabetes, kein weiterer Diabetesfall in der Familie bekannt.
In ihren ersten Jahren kümmern sich Lisas Eltern um die Behandlung der chronischen Stoffwechselerkrankung, die Lisa nun ihr Leben lang begleiten wird. Mit Hilfe des Teams einer Kinder-Diabetesambulanz lernen sie gemeinsam mit ihrem Kind in den folgenden Jahren verschiedene Therapieformen kennen.
  Der medizinische Fortschritt und neue Hilfsmittel bringen deutliche Erleichterungen mit sich. 
  Trotzdem bedeutet der Diabetes für Lisa auch heute noch fünf bis sieben tägliche 
  Blutzuckerselbstkontrollen mit einem Stich in den Finger, um einen Blutstropfen zu gewinnen. Das Essen 
  muss berechnet und manchmal abgewogen werden, um die erforderliche Insulindosis für die Aufnahme 
  der Lebensmittel herauszufinden. Entsprechend dem errechneten Wert muss sie Insulin spritzen. Doch 
  damit nicht genug. Lisa muss auch weitere Lebensumstände bedenken, denn körperliche Aktivität, 
  Sport, Krankheit, Aufregung, Freude, Änderungen im Tagesrhythmus usw. beeinflussen den 
  Zuckerstoffwechsel.
Bereits mit drei Jahren fängt Lisa an, ihre Diabetestherapie selbst in die Hand zu nehmen. Dreimal am Tag setzt sie sich die Spritze in ihren kleinen Körper. Bei dieser Therapieform muss Lisa zu festen Zeiten viele kleine, genau berechnete Mengen essen. Um endlich frei entscheiden zu können wann sie wie viel essen will, nimmt sie im Alter von sechs Jahren sogar fünf bis sieben Spritzen am Tag in Kauf. Ein weiterer Fortschritt ist die neue medizinische Erkenntnis, dass Kinder mit Typ-1-Diabetes alles essen dürfen. Keine Diät, keine entsprechenden Diätprodukte, sogar zuckerhaltige Süßigkeiten sind nun erlaubt. Dafür muss sie jedoch die Inhaltsstoffe der Lebensmittel kennen und berechnen können.
 
  Lisa ist 10 Jahre alt, kommt inzwischen gut mit dem Diabetes klar und genießt die Freiheiten 
  beim Essen, die jedoch mit den vielen täglichen Insulinspritzen erkauft wurden. Mit einer 
  Pumpentherapie würde das häufige Spritzen ein Ende haben. Lisa wird auf die Pumpentherapie umgestellt. 
  Die Insulinpumpe bedeutet nur 
  noch alle zwei Tage einen Katheterwechsel, der dem Setzen einer Spritze entspricht. 
  Blutzuckermessungen, Berechnung des Essens und Ermitteln der notwendigen Insulindosierung bleiben 
  jedoch. Die Pumpe ist eben keine künstliche Bauchspeicheldrüse, die selbsttätig die Insulinmenge 
  bestimmt und abgibt. Aber den Befehl zur Insulinabgabe kann Lisa zu jeder Mahlzeit per Knopfdruck geben.
 
  Heute ist Lisa ein selbstbewusster Teenager, der seinen Diabetes akzeptiert hat und ganz 
  selbstverständlich mit der Erkrankung umgeht. Der Diabetes mellitus ist weder ein Grund, sie von 
  sportlichen Aktivitäten (Skifahren, Kegeln, Reiten, Basketball, Billard) noch vom Diskobesuch mit 
  Freundinnen abzuhalten. Jeden Kindergarten- und Schulausflug, jede Klassenfahrt und Wanderung hat 
  sie mitgemacht. Das ist nicht immer einfach gewesen. Es bedarf einer gründlichen Vorbereitung sowie 
  Offenheit, Verständnis und Akzeptanz der Umgebung.
Kinder und Jugendliche mit Diabetes müssen ein weitgehend normales Leben führen. Neben einer optimalen Betreuung durch den Kinderdiabetologen und sein Diabetes-Team ist dafür der Austausch und die Unterstützung, die Kinder und Eltern in einer Selbsthilfeorganisation erfahren, besonders hilfreich. Lisa und ihre Eltern sind von Anfang an Mitglied der BFJD (Berliner, später Bundesweite Fördergemeinschaft Junger Diabetiker e.V.). In den ersten Jahren ist die BFJD vor allem für Eltern und Geschwister von Kindern mit Diabetes nützlich. Mit zunehmendem Alter können diese selbst von den anderen Kindern profitieren und eigene Erfahrungen an Neuerkrankte weitergeben.
Gabriele Kohlos
  BFJD - Bundesweite Fördergemeinschaft Junger Diabetiker e.V.
    zuletzt bearbeitet: 09.10.2005, zuletzt aktualisiert 12.04.2025  ![]()
Die BFJD wurde im Oktober 2010 aufgelöst, (Anm. d. Red.).
Bildunterschriften: Lisa in unterschiedlichen Lebensphasen.
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