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2. Stellungnahme: Deutscher Diabetiker Bund (DDB)

Stellungnahme des Deutschen Diabetiker Bundes zur Anhörung zum Thema "Kurzwirksame Insulinanaloga zur Behandlung des Typ 2 Diabetes"

In seiner grundsätzlichen Position fordert der Deutsche Diabetiker Bund die Behandlung aller Betroffenen entsprechend der individuellen Situation nach dem allgemein anerkannten internationalen Standard der medizinischen Erkenntnisse und gemäß den nationalen Therapie-Leitlinien der wissenschaftlichen Fachgesellschaft und der AWMF.
 
Dies bedeutet nicht, dass eine Behandlung mit kurzwirksamen Insulinanaloga für alle Typ 2 Diabetiker verlangt wird, sondern dass entsprechend der Indikation, der Lebensumstände und zur Verbesserung der Lebens- und Therapiequalität, angemessene Arzneimittel zur Verfügung stehen, seien es z.B. Humaninsuline oder Insulinanaloga.
 
Da das IQWiG in seinem Abschlussbericht zum Ergebnis kommt, dass kein zusätzlicher Nutzen von kurzwirksamen Insulinanaloga gegenüber der Anwendung von Humaninsulin bestünde, vertritt der Deutsche Diabetiker Bund die grundsätzliche Auffassung, dass in einer solchen Pattsituation das Patienteninteresse den Ausschlag geben sollte.
 
1) Nutzen:
Obwohl das IQWiG bei seinem Nutzenbegriff einerseits zwar auf die Patientenpräferenzen Bezug nimmt, die jedoch nicht zur Abbildung gelangen, vielmehr kommen andererseits insbesondere ökonomische Überlegungen sowie medizinisch-wissenschaftliche Theorien zum tragen. Diese nicht klar fassbare Begriffsbildung führt zu der problematischen Konsequenz, dass der einzelne Gutachter des IQWIG selbst eine Auswahl trifft, anhand welcher Kriterien er im konkreten Fall den Nutzenbegriff konkretisiert.
Dieses Problem besteht nicht nur bei den einzelnen Selbsthilfeorganisationen, sondern ist auch auf der Ebene der Patientenvertretung auf BAG-Selbsthilfe-Ebene innerhalb des G-BA noch nicht geklärt.
 
Daher gehen die Ansichten sowohl nach der Definition des Nutzens, als auch die Frage nach der maßgeblichen Einbindung und Gewichtung erheblich auseinander.
 
In seinen Ausführungen zur Methodik erklärt das IQWiG, dass z.B. Patient Reported Outcomes (PRO) für seine Arbeit eine wichtige Rolle spielen.
Nach Auffassung des DDB wird die durch das IQWiG vorgenommene eigene Festlegung der Methodik, der Patientenerfahrung und -Nutzenbewertung in ihrer Bedeutung nicht gerecht. Eine Orientierung an bereits bestehenden wissenschaftlichen Methoden (wie z.B. dem Health Technologie Assessment = HTA, Implementierung von Empfehlungsklassen...) zur maßgeblichen und gewichteten Erfassung von Patientenerfahrung, wäre hier sicherlich objektiver und interessengerechter.
 
2) Auswahlkriterien:
Angesichts der Aussage des Abschlussberichtes, dass die "vorliegende systematische Analyse randomisierter Langzeit-Interventionsstudien ... keinen Nachweis für einen patientenrelevanten Zusatznutzen ..." erbrachte (s. 64), verstärkt unsere Vermutung eines zu eng gefassten Auswahlrasters.
Wir sehen in der Beschränkung auf RCTs und den strengen Auswahlkriterien des IQWiG auf höchstem Evidenzniveau ein erhebliches Manko für den Zugang zu Aussagen über den patientenrelevanten Zusatznutzen.
 
3) Hinsichtlich der Plausibilitätsprüfung des Abschlussberichtes des IQWiG durch den G-BA, möchte der Deutsche Diabetiker Bund darauf hinweisen, dass es ihm nicht plausibel erscheint, dass
a) einerseits an Studien und Patientenerfahrungen hinsichtlich eines zusätzlichen Nutzens der Insulinanaloga Anforderungen der höchsten Evidenz unter Anwendung von RCTs gestellt werden,
b) andererseits das IQWiG diese Position mit Darstellungen und Gegenmeinungen im Bericht entkräftet, die keinen der aufgestellten IQWiG-Kriterien entspricht.
 
Literaturstelle 25: Chantelau: "Insulin analogues - not faster than U 40 regular human insulin?" PMID: 7903629 [PubMed - indexed for MEDLINE], steht unter dem Publikationstyp: "Letter" und erfüllt u.a. auch nicht die Voraussetzungen eines peer-reviewed Artikels!
In diesem Letter wird auf eine Veröffentlichung von Prof. Heinemann und Prof. Chantelau, Starke AA. aus dem Jahr 1992 hingewiesen: "Pharmacokinetics und pharmacodynamics of subcutaneously administered U 40 and U 100 formulations of regular human insulin", PIMD: 1563532 [PubMed - indexed for MEDLINE],
 
Diese Studie wurde aber weder nach RCT-Kriterien durchgeführt, noch entspricht sie den höchsten Evidenzanforderungen des IQWiG.
 
c) Ebenso fraglich erscheint uns, dass Erfahrungen der Wirkung von kurzwirksamen Insulinanaloga (Typ-1 und Typ-2) ausgesondert wurden (Meinungsumfrage ...), das Ergebnis einer Arbeit aber, die überhaupt keinen Vergleich mit den entsprechenden Insulinanaloga beinhaltet und einen weder wissenschaftlich belegten, noch von der Zulassungsbehörde zugelassen Verfahrensweg beschreibt (kein Spritz-Ess-Abstand bei Humaninsulin), aber als Gegenargument seitens des IQWiG vorgebracht wird.
 
4) Weiterer zusätzlicher Nutzen:
Nach Auffassung des DDB trägt die Verbesserung postprandialer Blutzuckerwerte nicht nur zur Verringerung der Risiken von Folgeschäden bei, sondern verbessert vor allem auch die Compliance des Patienten, der in regelmäßigen Abständen, an Hand guter Blutzuckerwerte, den Erfolg seiner Bemühungen um eine gute Therapie ablesen kann.
 
In der Studie LYS10049 (Veröffentlicht im Clin Invest Med, Vol 24, no 6, December 2001) wurde die Verbesserung des postprandialen Blutzuckers festgestellt. Bei Normalinsulin war der postprandiale Anstieg wesentlich höher als bei kurzwirksamen Analoginsulin.
 
5) Eine drohende Herausnahme der Insulinanaloga aus der AMR würde diejenigen Patienten benachteiligen,
  • die bei der Anwendung von Humaninsulin mit Unverträglichkeiten reagieren;
  • die mit Humaninsulin häufiger Unterzuckerungen erleiden als mit Insulinanaloga;
  • oder die aufgrund ihrer Arbeit (z.B. Schicht- oder Akkordarbeit ...) sich auf eine flexible Arbeitstagsgestaltung, ohne häufiges Blutzuckermessen zwischendurch und ohne Zwischenmahlzeiten oder Angst vor Unterzuckerungen während ihrer Arbeit (doppelter Risikofaktor: injiziertes Insulin + körperliche Arbeit, die zusätzlich den Blutzucker senken kann) eingestellt haben.
Ergebnis: Der Deutsche Diabetiker Bund sieht die besondere Bedeutung dieses Präzedenzfalles und das Bedürfnis hier auf dem Weg der Entscheidungsfindung den richtigen Weg im Hinblick auf künftige Entscheidungen und unter Berücksichtigung der Versorgungsrealität sowie auch der Patientenerfahrung einzuschlagen.
Sowohl aufgrund der dünnen Entscheidungsgrundlage, der noch verbesserungsfähigen Methodik und der aus DDB-Sicht notwendigen Konkretisierung der Berücksichtigung von Patientenerfahrung und der generellen Nutzendefinition im G-BA - möchten wir daher empfehlen, eine Entscheidung des G-BA aufzuschieben, bis weitere und eindeutigere Studien z.B. zur Versorgungsqualität, wie sie zur Zeit gerade vom Nationalen Aktionsforum Diabetes mellitus (NAFDm) in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Diabetiker Bund angegangen werden, abzuwarten.
 
Kassel, den 31.03.2006
 
Der Bundesvorstand
Deutscher Diabetiker Bund

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31.03.2006
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