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Plädoyer für die Forschung zu Diabetes - Teil 1

vom: Diabetesinformationsdienst München

Prof. Dr. Anette-G. Ziegler Prof. Dr. A.-G. Ziegler resümiert die Forschungserfolge der vergangenen Jahre insbesondere im Hinblick auf die frühe Diagnose des Typ-1-Diabetes. Die renommierte Diabetesforscherin und Direktorin des Instituts für Diabetesforschung am Helmholtz Zentrum München blickt optimistisch in eine Zukunft mit noch besseren und individuelleren Therapieoptionen und der berechtigten Hoffnung auf Vorbeugung oder sogar Heilung.

Am 28. Mai beginnt in Berlin der Jubiläumskongress, mit dem die Deutsche Diabetes Gesellschaft ihr 50jähriges Bestehen begeht. Im Vorfeld hat der Diabetesinformationsdienst München mit der Präsidentin des Kongresses, Prof. Dr. Anette-Gabriele Ziegler gesprochen.

Plädoyer für die Forschung zu Diabetes

Stand der Diabetesforschung

Diabetesinformationsdienst München:
Skeptiker der Diabetesforschung behaupten, dass in den letzten 50 Jahren zwar viel geforscht aber wenig gewonnen wurde - teilen Sie diese Auffassung?
Ziegler:

Nein, das sehe ich ganz anders. Die Fragestellungen in der Diabetesforschung haben sich über die letzten 50 Jahre sehr verändert. Vor 50 Jahren stand im Vordergrund die Entdeckung, Analyse und Synthese des Insulins. Dann wurde früh klar, dass es darauf ankommt, die Patienten gut einzustellen, dass auch eine Selbstkontrolle des Blutzuckers nötig ist und dass man nicht ein- sondern mehrmals spritzen muss. Das war die Zeit vor 30 Jahren, als auch der Beruf der Diabetesberater/in entstand. Mit der St.-Vincent-Deklaration ging es dann darum, Spätkomplikationen zu verhindern. Wenn man sich die damaligen Probleme ansieht, haben wir enorm viel erreicht: Die Komplikationen sind massiv zurückgegangen durch eine Verbesserung der Diabetes-Therapie. Dem lag wiederum die erfolgreiche Forschungsarbeit für kurz- und langwirksame Insuline, die Weiterentwicklung der Messsysteme sowie die Entwicklung verschiedener Systeme zur Verabreichung des Insulins von Pumpe bis Pen zugrunde.

Dass die Lebenserwartung eines Typ-1-Diabetes-Patienten heute nahezu identisch ist mit dem eines Nicht-Diabetikers, ist ein absoluter Durchbruch.

Diabetesinformationsdienst München:
Warum lässt sich Diabetes bis heute immer noch nicht heilen?
Ziegler:

Stimmt, aber vorhersagen lässt sich Typ-1-Diabetes heute mit hundertprozentiger Sicherheit!
Die Ursachen der Erkrankung konnte man ja erst angehen, als die genannten Probleme gelöst waren. Seit 1974 weiß man mit Entdeckung der Antikörper, dass Typ-1-Diabetes eine Autoimmunerkrankung ist und dass sie sich von Typ-2-Diabetes unterscheidet. Dadurch kam erst die wichtige Frage auf, ob man Patienten vor Ausbruch der Erkrankung diagnostizieren kann. Seitdem war es auch erst möglich, die Frage nach Prävention, Heilung oder Verhinderung zu stellen und nach Immuntherapien zu forschen.

Vor diesem Hintergrund haben wir in den letzten 20 Jahren wirklich einen Durchbruch erzielt: Erstens wissen wir, wann der Autoimmunprozess beginnt, nämlich bei den meisten Menschen schon im Alter von zwei Jahren. Daher ist auch dieser Zeitpunkt optimal für einen Früherkennungstest - den wir in Bayern im nächsten Jahr als Modellprojekt starten wollen. Zweitens ist der Test heute sehr zuverlässig - alle Kinder, die wir seit 20 Jahren in unseren Studien beobachten und bei denen wir die Antikörper nachweisen konnten, erkranken auch wirklich im Laufe des späteren Lebens.

Das hat uns erst dazu geführt, guten Gewissens auf Prävention zu setzen, also diese Kinder vor Ausbruch des Diabetes mit immuntherapeutischen Ansätzen zu behandeln. Die Prädiagnostik haben wir jetzt also erfolgreich erforscht, und ich bin sehr zuversichtlich, dass uns das in den nächsten 20 Jahren auch mit Therapie und Prävention gelingen wird.

Weiter zu Mögliche Ursachen von Diabetes - Teil 2 des Interviews.

zuletzt bearbeitet: 27.05.2014 nach oben

Das Gespräch mit Frau Prof. Dr. Ziegler führte
Ulrike Koller, Diabetesinformationsdienst München.

Quellen

Bildunterschrift: Prof. Dr. Anette-Gabriele Ziegler
Text- und Bildquelle: Diabetesinformationsdienst München

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Wir danken dem Diabetesinformationsdienst München und Frau Koller für die freundliche Publikationsgenehmigung!

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