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Diabetologie mit Herz

Nachbericht vom Symposium des Instituts für Diabetesforschung

Das Herz und der Typ-1-Diabetes waren die Schwerpunkte bei der diesjährigen ärztlichen Fortbildung des Instituts für Diabetesforschung, Helmholtz Zentrum München, am 29. November im Klinikum rechts der Isar. Mit knapp 100 Besuchern war die Veranstaltung gut besucht. Referiert wurden u. a. wissenschaftliche Erkenntnisse zur Regeneration von Betazellen, der Zusammenhang von Diabetes und MS, Neuigkeiten über die subkutane und die intraperitoneale Insulintherapie, die genetische Komponente des Typ-2-Diabetes sowie als Schwerpunkt Forschungsergebnisse zu Herzstörungen in Kombination mit Diabetes.

In einem Impulsreferat führte Prof. Heiko Lickert vom Institut für Diabetes und Regenerationsforschung, Helmholtz Zentrum München, aus, dass selbst bei Patienten, die seit mehr als 50 Jahren Typ-1-Diabetes hatten, noch funktionierende (und damit insulinproduzierende) Betazellen nachgewiesen werden könnten. Anhand eines von seiner Arbeitsgruppe entdeckten Biomarkers sei es möglich, zwei Arten von Betazellen zu identifizieren, die sich vermutlich in ihrer Fähigkeit zur Erneuerung unterscheiden. Diese Erkenntnis soll künftig für Therapieansätze zur Regeneration der Betazellen bei Diabetikern genutzt werden.

Privatdozent Peter Achenbach vom Institut für Diabetesforschung, Helmholtz Zentrum München, warf in einem weiteren Impulsreferat die Frage auf, ob die Betazellen beim Typ-1-Diabetes schubartig oder kontinuierlich zerstört würden. Studienergebnisse wiesen darauf hin, dass nach dem Auftreten von Autoantikörpern die Entwicklung des Typ-1-Diabetes unterschiedlich schnell verlaufe, da die Immunreaktion nicht immer gleich stark ausgeprägt sei.

Diabetes und MS

Inwieweit die beiden autoimmunen Erkrankungen Typ-1-Diabetes und Multiple Sklerose (MS) zusammenhängen, erläuterte Privatdozentin Susanne Bechtold von der Haunerschen Kinderklinik (LMU) in München. Bei beiden Krankheitsbildern liege eine verminderte Versorgung mit Vitamin D vor. Unklar sei jedoch, inwieweit dieser Umstand für die Entstehung der Erkrankungen verantwortlich gemacht werden könne. Epidemiologische Daten legen nach Ausführungen von Bechtold nahe, dass das Erkrankungsrisiko für MS bei Typ-1-Diabetes um das 3- bis 5-fache erhöht ist.

Insulintherapie subkutan und intraperitoneal

Einen Überblick über neue und künftige Varianten von Insulinen gab Privatdozent Michael Hummel von der Forschergruppe e. V. Zwar seien orales und inhalatives Insulin noch Zukunftsmusik, ein Forschungsinteresse an ihrer Entwicklung sei jedoch nach wie vor vorhanden. Während Langzeitinsuline mit einer höheren Konzentration und einer längeren Halbwertszeit heute schon bei der Therapie genutzt würden, stecke das Smart-Insulin ebenfalls noch in der Entwicklung. Dieses Insulin solle nur bei hohen Blutzuckerwerten wirken, so dass Hypoglykämien verhindert werden könnten.

Dr. Andreas Liebl von der Fachklinik Bad Heilbrunn stellte die intraperitoneale Insulintherapie vor. Dabei wird das Insulin mittels Insulinpumpe über einen implantierten Port in die freie Bauchhöhle abgegeben. Auf diese Weise könne bei Patienten mit einer subkutanen Insulinresistenz der Blutzucker besser eingestellt und Komplikationen verringert werden. Bei rund 30 Patienten in Deutschland kommt diese Therapie derzeit zum Einsatz.

Herzstörungen im Zusammenhang mit Diabetes

Zu den Komplikationen des Typ-2-Diabetes gehören kardiovaskuläre Ereignisse, wie zum Beispiel der Herzinfarkt oder die Herzinsuffizienz. Bei Typ-2-Diabetes sei laut Privatdozent Martin Füchtenbusch von der Forschergruppe Diabetes e. V. das Risiko für diese Ereignisse gegenüber Patienten ohne Diabetes um das Doppelte erhöht. Bei schlechter Blutzuckerkontrolle und in der Folge schweren Hypoglykämien steige die Sterblichkeit an solchen Ereignissen.

Bei Patienten mit Herzinsuffizienz sind das Auftreten eines Diabetes und auch die Sterblichkeit deutlich erhöht, wie Prof. Christian Hengstenberg von Deutschen Herzzentrum München (TUM) darlegte. Zum Tod führe eine Herzschwäche bei 31 Prozent der betroffenen Diabetiker gegenüber 24 Prozent der Normalbevölkerung. Daher forderte er eine "aggressive medikamentöse Therapie der Herzinsuffizienz bei Diabetikern".

Die Gefahr eines kardiovaskulären Ereignisses wird unter anderem beeinflusst durch den Cholesterinspiegel. So erläuterte Prof. Klaus Parhofer vom Universitätsklinikum München (LMU), dass eine Reduktion des LDL-Cholesterins um 1 mmol pro Liter (ca. 39 mg/dl) zu einer Verringerung kardiovaskulärer Ereignisse um 22 Prozent führt. Bisher war unklar, ob dies auch bei sehr niedrigen LDL-Ausgangswerten stimmt und ob dies nur auf die Statin-bedingte LDL-Senkung zutrifft. Neuere Daten zeigen nach Darstellung von Parhofer, dass auch eine Absenkung auf Werte unter 70 mg/dl einen Nutzen vermittelt und dass es nicht so sehr darauf ankommt, wie, sondern dass der LDL-Wert abgesenkt wird. Daher sollten nach Ansicht von Parhofer die LDL-Werte insbesondere von Diabetikern mit kardiovaskulären Erkrankungen möglichst frühzeitig optimal eingestellt werden.

Zur Senkung des LDL-Cholesterins werden Statine eingesetzt. Prof. Carsten Otto ging in seinem Referat auf Probleme der Statinunverträglichkeit ein. Maßnahmen wie die Anpassung der Dosis, eine Herabsetzung der Einnahmefrequenz oder der Wechsel zu einem anderen Statin führten in mehr als 50 Prozent der Fälle dazu, dass die Statintherapie fortgesetzt werden könne.

Genetische Komponente bei Typ-2-Diabetes

Abschließend ging Prof. Hans Hauner vom Else Kröner-Fresenius-Zentrum für Ernährungsmedizin (TUM) auf die starke genetische Komponente des Typ-2-Diabetes ein. Der Typ-2-Diabetes sei eine heterogene Erkrankung mit unterschiedlichen klinischen Ausprägungsformen. Ziel sei daher für die Zukunft eine gezielte personalisierte Therapie, welche die Erbanlagen des Patienten berücksichtige. Er stellte eine von seiner Arbeitsgruppe entwickelte bioinformatische Methode zur Vorhersage krankheitsrelevanter Genvarianten vor.

Veranstalter der von Prof. Anette-Gabriele Ziegler und Privatdozent Michael Hummel geleiteten ärztlichen Fortbildung war das Helmholtz Zentrum München durch das Institut für Diabetesforschung und die Forschergruppe Diabetes e. V. sowie die Technische Universität München durch die Forschergruppe Diabetes am Klinikum rechts der Isar und den Lehrstuhl für Diabetes und Gestationsdiabetes.

Das Institut für Diabetesforschung (IDF) befasst sich mit der Entstehung und Prävention von Typ-1-Diabetes und Typ-2-Diabetes als Spätfolge eines Gestationsdiabetes. Ein vorrangiges Projekt ist die Entwicklung einer Insulin-Impfung gegen Typ-1-Diabetes. In groß angelegten Langzeitstudien untersucht das IDF den Zusammenhang von Genen, Umweltfaktoren und Immunsystem für die Pathogenese von Typ-1-Diabetes. Mit den Daten der Geburtskohorte BABYDIAB, die 1989 als weltweit erste prospektive Diabetes-Geburtskohorte etabliert wurde, konnten Risikogene sowie Antikörperprofile identifiziert werden. Diese lassen Vorhersagen über Entwicklung und Ausbruch von Typ-1-Diabetes zu und werden die Klassifizierung und den Diagnosezeitpunkt verändern. Das IDF ist Teil des Helmholtz Diabetes Center (HDC).

zuletzt bearbeitet: 10.12.2014 nach oben

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