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Herzerkrankungen im Alter früh und exakt diagnostizieren

Patienten leiden oft auch an Diabetes oder erhöhten Blutfetten

Eine präzisere Diagnose von Herzerkrankungen im Alter soll in Zukunft eine frühzeitige und gezieltere Therapie sowie eine verbesserte Lebensqualität ermöglichen. Die Europäische Union fördert das Verbundprojekt "BestAgeing" unter Leitung der Abteilung Kardiologie am Universitätsklinikum Heidelberg mit fast 11 Millionen Euro: In den kommenden vier Jahren erforschen 19 europäische Kooperationspartner neue molekulare Marker für die häufigsten Herzerkrankungen bei älteren Patienten. So soll es erstmals Studien nur mit Patienten über 65 Jahren geben.

Ein neuer europäischer Forschungsverbund unter Leitung der Abteilung Kardiologie des Universitätsklinikums Heidelberg widmet sich der besseren Diagnose, Früherkennung und Verlaufskontrolle häufiger Herzerkrankungen bei älteren Patienten: Wie hoch ist nach einem Herzinfarkt das Risiko schwerer Folgeerkrankungen wie der Herzschwäche? Muss die leichte Herzschwäche eines 70-jährigen Patienten intensiv behandelt werden oder genügt es, regelmäßig den Verlauf zu kontrollieren? Wie hoch sind überhaupt die "Normalwerte" für bestimmte Risikomarker wie z. B. Troponin T in der älteren Bevölkerung?

Diese und andere Fragen sind für die präzise Diagnose und optimale medizinische Betreuung älterer Patienten sehr wichtig, doch mit den bisher verfügbaren Diagnosemethoden nur begrenzt zu beantworten. Wissenschaftler an 19 europäischen Einrichtungen wollen nun gemeinsam neue Biomarker wie Proteine, Stoffwechselprodukte, Botenstoffe oder genetische Veränderungen erforschen, die präzisere Aussagen über den Gesundheitszustand des Herzens und über den weiteren Verlauf von Herzkreislauferkrankungen zulassen. Die Europäische Union unterstützt das Verbundprojekt "BestAgeing" in ihrem 7. Rahmenprogramm in den kommenden vier Jahren mit insgesamt 10,9 Millionen Euro.

Herzleiden bei älteren Patienten mit mehreren Erkrankungen schwer einzuschätzen

Das Risiko für Herzerkrankungen steigt mit zunehmendem Lebensalter erheblich: In den Industrienationen sind Herz-Kreislauferkrankungen bei der älteren Bevölkerung über 65 Jahren die Todesursache Nummer eins. Diese Patienten leiden zudem häufig an mehreren Erkrankungen des Herzkreislaufsystems wie Herzschwäche, Arteriosklerose oder Koronare Herzerkrankung sowie gleichzeitig an häufigen Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes oder erhöhten Blutfetten. "Bei diesen Patienten ist es schwer, den weiteren Verlauf der Herzerkrankung vorherzusagen. Das kann dazu führen, dass Patienten zu viel oder zu wenig Behandlung oder schlicht die falsche Behandlung bekommen", erklärt Professor Dr. Hugo A. Katus, Ärztlicher Direktor der Abteilung Kardiologie am Universitätsklinikum Heidelberg und Koordinator des Verbunds "BestAgeing". "Uns fehlen u. a. Referenzwerte für die existierenden Marker sowie neue, molekulare Marker, die bei Patienten dieser Altersgruppe Diagnose und Prognose präzisieren und bessere Therapieentscheidungen ermöglichen."

Bei der Erforschung solcher Biomarker nimmt die Heidelberger Kardiologie europaweit eine Vorreiterrolle ein. Bereits 1990 entwickelte Professor Katus den heute weltweit eingesetzten Standardtest in der Diagnostik des Herzinfarkts: Das Eiweiß Troponin T im Blut zeigt auch bei untypischen Beschwerden hochpräzise einen Herzinfarkt an - so kann rechtzeitig mit der passenden Behandlung begonnen werden. "Troponin T ist ein exzellenter Marker, der auf Schäden am Herzmuskel, z. B. durch einen akuten Herzinfarkt hinweist. Für die weitere Verlaufsprognose benötigen wir aber zusätzliche Marker. Wir haben derzeit auch keine Marker, die uns anzeigen, ob ein Patient nach einem Infarkt eine fortschreitende Herzschwäche erleidet oder nicht. Die existierenden Marker für die Herzschwäche sind zudem relativ ungenau und sagen wenig aus über das weitere Risiko und die Prognose des einzelnen Patienten", erklärt Katus.

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Set verschiedener Marker soll genaue Informationen über Zustand des Herzens liefern

Bei diesen schwierigen Fragen könnten z. B. winzige Moleküle im Blut, sogenannte microRNAs, Fortschritte ermöglichen. 2010 entdeckten Heidelberger Kardiologen um Dr. Benjamin Meder, dass die microRNAs einen Herzinfarkt sehr früh erkennen können. Zusätzlich lässt sich anhand ihrer Zusammensetzung auch die Schwere des Infarkts abschätzen. Nun hoffen die Wissenschaftler, auch für weitere Herzerkrankungen typische Signaturen von microRNAs zu finden, die gleichzeitig Hinweise auf den weiteren Verlauf und die optimale Behandlung der Erkrankung geben.

Im Rahmen des Nationalen Genomforschungsnetzes und seiner Nachfolgeprogramme, die ebenfalls von Heidelberg aus koordiniert werden, wurden in den letzten Jahren zahlreiche genetische und epigenetische Risikofaktoren für verschiedene Formen der Herzmuskelerkrankungen identifiziert. Dabei handelt es sich um Veränderungen in der Erbinformation bei den Patienten, die Fehlfunktionen des Herzens begünstigen oder verursachen. Dabei kommen modernste Techniken wie z. B. das von Dr. Meder eingesetzte "Next Generation Sequencing" zum Einsatz, mit dem genetische Veränderungen und Marker mit höchster Präzision gemessen werden können.

Erstmals Studiengruppen mit Patienten im Alter von 65 Jahren und älter

Ziel des Verbunds ist es, für die häufigsten Herzerkrankungen im Alter - Verengung der Herzkranzgefäße, Herzinsuffizienz mit ihren verschiedenen Ursachen und Herzinfarkt - ein ganzes Set spezifischer Marker zu entwickeln, die sich gegenseitig ergänzen: Mit ihrer Hilfe sollen in Zukunft Herzkreislauferkrankungen schneller und sicherer bei älteren Menschen diagnostiziert, der Verlauf und das individuelle Risiko besser eingeschätzt und das Ansprechen auf die Therapie kontrolliert werden. "Wir erwarten, dass die Kombination mehrerer Biomarker genauere Informationen über eine Herzerkrankung liefert, sodass wir in Zukunft die Therapie besser an die Bedürfnisse des jeweiligen Patienten anpassen können", sagt Dr. Tanja M. Weis, Wissenschaftskoordinatorin in der Abteilung für Kardiologie am Universitätsklinikum Heidelberg.

Dazu werten die Kooperationspartner Marker, die bereits in Vorarbeiten identifiziert wurden, auf ihre Aussagekraft hin aus, entwickeln Tests und Auswertungsmethoden für eine klinische Anwendung. Erstmals werden hierfür gezielt ältere Patienten berücksichtigt, die bisher in klinischen Studien noch stark unterrepräsentiert sind. Die 19 Kooperationspartner aus Deutschland, Niederlande, Belgien, Frankreich, Estland, Schweden, Italien, Griechenland, Spanien und der Ukraine zählen zu den führenden Experten in der Erforschung und Entwicklung von Biomarkern sowie für Analysetechnik und Bioinformatik. Beteiligt sind zwölf universitäre Zentren, fünf forschende Unternehmen sowie zwei große Industriepartner.

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zuletzt bearbeitet: 12.08.2013 nach oben

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