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Neue Leitlinie zur Behandlung des Diabetes Typ 2

Abstract zum Vortrag von Prof. Dr. med. Stephan Matthaei, Präsident der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG-) und Chefarzt des Diabetes-Zentrums am Christlichen Krankenhaus Quakenbrück, im Rahmen der Pressekonferenz zur 48. Jahrestagung der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) am 10. Mai 2013 in Leipzig.

Fachübergreifende Standards nützen dem Patienten

Professor Dr. med. Stephan Matthaei, Von der DDG sind derzeit 18 evidenzbasierte Leitlinien, 15 Praxisempfehlungen und drei Patientenleitlinien verfügbar - sechs davon sogar für den internationalen Gebrauch in einer englischen Fassung. Mit dieser Zahl von über 35 wissenschaftlich basierten Leitlinien gehört die DDG zu den Spitzenreitern in der wissenschaftlichen Community - noch dazu, da besonders viele dieser Leitlinien den höchsten Evidenzgrad aufweisen - S 3.

Mehr und mehr beteiligt sich die DDG auch an der Entstehung nationaler Versorgungsleitlinien (NVL), die unter der Koordination des Ärztlichen Zentrums für Qualitätssicherung (ÄZQ) entwickelt werden. Ein wesentlicher Vorteil dieser Zusammenarbeit liegt auf der Hand: Es sind häufig mehrere Fächer und Organisationen an der Erstellung einer solchen NVL beteiligt - genau die, die auch im Alltag von Klinik und Praxis die Patientenversorgung übernehmen.

Besonders wichtig ist das bei einer Volkskrankheit wie dem Diabetes Typ 2, an dem sechs Millionen Menschen in Deutschland leiden, die zum Teil mehr, zum Teil weniger gut versorgt werden. Diejenigen, die Diabetes diagnostizieren und behandeln, müssen gemeinsam eine Vorstellung davon haben, wie dies geschehen sollte. Gemeinsam lässt sich ein breiter Konsens für Empfehlungen, Grenzwerte und Behandlungspfade finden. Das schafft dann auch die notwendige Basis dafür, dass die Leitlinie flächendeckend umgesetzt wird. An der NVL zur Therapie von Menschen mit Diabetes Typ 2 waren neben der DDG, dem Verband der Schulungs- und Beratungsberufe (VDBD) sowie der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) unter anderem auch die Deutsche Gesellschaft für Allgemein- und Familienmedizin (DEGAM), die wissenschaftliche Vertretung der Hausärzte, beteiligt.

Anliegen der neuen Leitlinie ist es in erster Linie, die Lebensqualität der Menschen mit Diabetes Typ 2 zu verbessern, die Morbiditäts- und Mortalitätsrate zu senken, die Früherkennung zu professionalisieren sowie die nicht-medikamentöse und medikamentöse Therapie dem aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstand anzupassen und sie stärker auf die individuelle Situation des einzelnen Patienten auszurichten.

In der neuen Leitlinie haben die beteiligten Organisationen nun gemeinsame Therapieziele definiert, diagnostisches Vorgehen beschrieben, Indikationsstellung und Therapiealgorithmen festgelegt. Ein wichtiger Part der Leitlinie widmet sich der Pharmakotherapie, die auf Basis oraler Antidiabetika und/oder der Insulintherapie erfolgt. Besonderen Wert legten die beteiligten Organisationen auch darauf, die Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Sektoren - Hausarztpraxis, diabetologische Schwerpunktpraxis und Klinik - zu beschreiben, um die immer wieder auftretenden Probleme an den Sektorengrenzen künftig zu vermeiden. Denn nur durch die eng verzahnte, multidisziplinäre und multiprofessionelle Zusammenarbeit lässt sich die Langzeitversorgung von Menschen mit Typ-2-Diabetes verbessern. Die neue Leitlinie enthält daher auch eine Definition wichtiger Nahtstellen und Überweisungskriterien, um Menschen mit Diabetes Typ 2 von der Manifestation und Erstdiagnose an optimal zu betreuen.

Das Entwickeln dieser Leitlinie war zum Teil ein zähes Ringen. Nicht immer waren sich alle Akteure einig über das, was in der Leitlinie festgehalten werden sollte. Da der Typ-2-Diabetes keine einheitlich verlaufende Erkrankung mit verstandener Pathophysiologie und klinischem Verlauf ist, sondern ein komplexes Krankheitsgeschehen, welches über die Erhöhung der Plasma-Glucose definiert wird, gibt es nicht nur wenig Evidenzen im Sinne von "Endpunktstudien", sondern auch zahlreiche neue pathophysiologische und Blutglukose relevante Ansätze bei der Pharmakotherapie.

Daher ist es verständlich, dass gerade bei der Pharmakotherapie des Typ-2-Diabetes keine Einigung erreicht wurde. Die Divergenzen zwischen DDG/DGIM und DEGAM/AkdÄ wurden transparent in Therapiealgorithmen dargestellt und kommentiert. Ein Stückweit war es aber genau dieses gemeinsame Ringen, das dafür gesorgt hat, das der gemeinsame Weg auch zum Ziel führte. Denn eines ist klar: Es kann in einem solchen Fall keine Lösung sein, zwei getrennte Leitlinien zu entwickeln. Damit wäre den Ärzten in Klinik und Praxis nicht geholfen - und den Patienten erst recht nicht. Ich bin daher außerordentlich froh, dass sich bei der aktuellen NVL zur Therapie des Typ-2-Diabetes die DDG mit der DEGAM darauf verständigt hat, die wenigen unterschiedlichen Sichtweisen in der Präambel festzuhalten und transparent zu machen.

Nach Erscheinen der NVL-Kurzversion im März 2013 hielt die DDG es für angebracht, ihren Mitgliedern die von ihr mitgetragenen und konsentierten Inhalte in komprimierter Form als Praxisempfehlung zu präsentieren.[*] Dieses Vorgehen wurde mit dem ÄZQ im Februar 2013 abgestimmt und von dessen Seite ausdrücklich begrüßt. Die DDG-Praxisempfehlung basiert zudem auf intensiven inhaltlichen Erörterungen zur NVL seitens der genannten Autoren/Herausgeber. Ohne deren Beitrag wäre eine Verabschiedung der NVL seitens der DDG nicht zustande gekommen.

Trotz des ursprünglich signalisierten Einverständnisses lehnt das ÄZQ eine Veröffentlichung von Auszügen aus der Kurzversion der NVL durch die DDG nun überraschend ab und nimmt die Publikation der Praxisempfehlungen zum Anlass, die Kurzversion der NVL "Therapie des Typ-2-Diabetes" zum 30.4.13 zurückzuziehen. Eine neue Kurzversion soll laut ÄZQ erst wieder nach Konsentierung einer Langfassung erscheinen. Die DDG bedauert dieses Vorgehen außerordentlich. Unabhängig davon steht die DDG jedoch hinter den inhaltlichen Aussagen in der aktuell publizierten Praxisempfehlung und ist froh, dass sich Diabetologen und Hausärzte trotz allem im Wesentlichen einig darin sind, wie der richtige Behandlungsweg zum Wohl der gemeinsamen Patienten aussehen sollte.

Es gilt das gesprochene Wort!

Literatur: Landgraf et. al., Diabetologie und Stoffwechsel 2013, 8: 9-105

Bildunterschrift: Prof. Dr. med. Stephan Matthaei
Bildquelle: Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG)

zuletzt bearbeitet: 10.05.2013 nach oben

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