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Diabetesmedikamente bei Implantaten berücksichtigen

Risikomanagement im Fokus der Experten

Die Deutsche Gesellschaft für Implantologie will das Risikomanagement für Zahnärztinnen und Zahnärzte im Bereich der Implantologie durch verschiedene Maßnahmen voran bringen und erleichtern. "Das breite Therapiespektrum und die komplexer werdenden Strategien der Implantologie bieten nicht nur eine große Vielfalt an individuellen Behandlungsmöglichkeiten, sondern bergen auch das Risiko von Komplikationen und Fehlschlägen, selbst wenn der Zahnarzt alles richtig gemacht hat," erklärt Prof. Dr. Dr. Hendrik Terheyden, Präsident der DGI auf dem 24. Kongress der Gesellschaft, der mit rund 3.000 Teilnehmern vom 25. bis 27. November 2010 in Hamburg stattfindet.

Die letzten verlässlichen Daten sind bereits drei Jahre alt: 2007 versorgten Zahnärzte in Deutschland fünf Prozent der Patienten, die Zahnersatz benötigten, mit Implantatgetragenen künstlichen Zähnen. Dies belegt eine Untersuchung der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung. Schätzungsweise eine Million Implantate werden derzeit pro Jahr von den Herstellern verkauft. Allerdings gibt keine aktuelle Statistik darüber Auskunft, wie viele dieser künstlichen Zahnwurzeln dann auch tatsächlich implantiert werden.

Dennoch belegen Umfragen: Patienten sind inzwischen gut über diese moderne Form der Versorgung informiert und ihr Interesse daran steigt. Ebenso steigt die Zahl der Zahnärztinnen und Zahnärzte, die sich intensiv im Bereich Implantologie bei der DGI fortbilden: So haben mehr als 3.000 das Curriculum Implantologie der DGI absolviert, hunderte besuchen jährlich die Kurse des Continuums Implantologie, um bei den neuen Entwicklungen am Ball zu bleiben, und 300 Zahnärzte haben inzwischen den berufsbegleitenden Studiengang der DGI zum Master of Science (M. Sc.) in Oral Implantology absolviert, den die Fachgesellschaft zusammen mit zwei Hochschulen anbietet.

Steigendes Interesse

"Doch nicht nur das Interesse an dieser Behandlungsform wächst, sondern auch das Spektrum unserer Möglichkeiten in der Implantologie, die zu den besonders innovativen Bereichen der Zahnheilkunde gehört und die daher sicherlich noch ein großes Wachstumspotenzial hat", erklärt DGI-Präsident Prof. Dr. Dr. Hendrik Terheyden, Kassel. Die Erweiterung der diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten bedeutet aber auch dies: "Implantat ist nicht gleich Implantat", sagt Terheyden. Die Komplexität der Eingriffe hat in den letzten Jahren zugenommen, das Spektrum der Behandlungsformen hat sich stärker differenziert.

Die Eingriffe sind in ihrer hohen Individualität nicht einfach vergleichbar. Denn oft fehlen den Patienten nicht nur Zähne, die ersetzt werden müssen. Bei längerer Zahnlosigkeit, die den Kieferknochen schrumpfen lässt, muss das verloren gegangene Knochengewebe vor oder während einer Implantation wieder aufgebaut werden. Erkrankungen des Zahnhalteapparates ("Parodontitis") kommen häufig hinzu und sind inzwischen die häufigste Ursache für Zahnverlust. Viele Patienten haben Erkrankungen wie Diabetes oder werden mit Medikamenten behandelt, die bei einer Implantation berücksichtigt werden müssen. Risiken bei der Wundheilung oder Geweberegeneration, spielen daher eine größere Rolle als früher.

Nicht zuletzt geht es um die Frage, wann und wie lange ein geschädigter Zahn mit verschiedenen Verfahren erhalten werden kann. Alle diese Faktoren haben begonnen, die Zahnmedizin zu verändern: Sie wird invasiver, biologische und medizinische Faktoren rücken stärker in den Mittelpunkt, die Zusammenarbeit mit anderen (zahn)medizinischen Disziplinen gewinnt an Bedeutung.

Die neuen Möglichkeiten lassen bei Zahnärzten und Patienten aber auch die Ansprüche an das Behandlungsergebnis wachsen. "Bei einer Implantatbehandlung können wir jedoch nie alle Einflussgrößen des biologischen Systems kontrollieren", warnt Professor Terheyden. Zwar hängt bei einer Implantatbehandlung sehr viel vom Wissen und Können des Arztes ab - aber nicht ausschließlich. "Die Mundhöhle ist nur ein Teil eines Menschen", sagt Terheyden. Und dieser Mensch kann beispielsweise entgegen ärztlichem Rat das Rauchen nicht lassen, belastet ein Implantat zu früh oder betreibt keine ausreichende Mundhygiene.

Auch Stress, genetische Faktoren und andere Erkrankungen wie Diabetes beeinflussen das Risiko von Komplikationen. "Es ist daher nicht möglich, auf eine Implantattherapie in ihrer Komplexität eine hundertprozentige Erfolgsgarantie zu geben." Selbst bei einer absolut korrekt durchgeführten Behandlung seien Komplikationen nie auszuschließen. Terheyden: "Wer operiert muss mit Komplikationen rechnen." Wichtig sei darum ein Risikomanagement, um Komplikationen und Misserfolge zu vermeiden oder diese zumindest früh zu erkennen.

Als größte wissenschaftliche Gesellschaft Europas in ihrem Gebiet, sieht sich die DGI auf diesem Gebiet besonders in der Pflicht. Darum stellt sie beispielsweise ihren 24. Kongress unter das Motto "Misserfolge erkennen und beherrschen". Als erste Fachgesellschaft hat sie darüber hinaus damit begonnen, zusammen mit 15 anderen Gesellschaften die weltweit ersten Leitlinien im Bereich der Implantologie nach internationalen wissenschaftlichen Standards zu entwickeln.

Die bislang erarbeiteten Konsensusstatements zu vier implantologischen Fragestellungen werden auf dem DGI-Kongress präsentiert. "Wir holen uns durch diese Leitlinien die Entscheidungsfreiheit in der Therapie zurück," erklärt Terheyden. Denn es komme zunehmend vor, "dass Kostenträger die Kostenübernahme für sinnvolle Maßnahmen ablehnen oder der Einsatz bestimmter Verfahren in Bereichen propagiert wird, wo diese vielleicht weniger sinnvoll sind." Leitlinien können helfen, so der DGI-Präsident, "diese Fremdbestimmung zurück zu weisen".

So betonen beispielsweise die Autoren der Leitlinie "Indikationen zur implantologischen 3D-Röntgendiagnostik und navigationsgestützen Implantologie", dass bei der navigationsgestützten Implantologie "Fehler und Ungenauigkeiten an jeder Stelle in der Prozesskette möglich sind, die zu gravierenden Abweichungen von der angestrebten Implantatposition führen können." Darum gehörten spezielle Erfahrungen im Bereich der nicht navigationsgestützten Implantologie zu den Anforderungen, die ein Operateur erfüllen müsse. Klartext: Navigation ist nichts für Anfänger und kann Erfahrung nicht ersetzen.

Zur Qualitätssicherung soll auch das DGINET beitragen, eine Internet-Plattform, auf der sich DGI-Mitglieder untereinander austauschen, Probleme diskutieren, Fragen an Experten stellen und sich fortbilden können. Bestandteil dieser Plattform wird auch ein anonymes Fehlerberichts- und Lernsystem sein.

Ebenso propagiert die DGI ein neues internationales Werkzeug, das Zahnärztinnen und Zahnärzten helfen kann, online individuelle Behandlungssituationen nach ihrem Schwierigkeitsgrad zu beurteilen und zu klassifizieren, um auch mögliche Risiken besser abschätzen zu können. Grundlage dieses Werkzeugs ist die sogenannte SAC-Klassifikation, die das Internationale Team für Implantologie (ITI) entwickelt hat. "Wir empfehlen unseren Kolleginnen und Kollegen, dieses Instrument im Rahmen des Risikomanagements anzuwenden", erklärt Terheyden.

Die Deutsche Gesellschaft für Implantologie im Mund-, Kiefer- und Gesichtsbereich e.V. (DGI) ist mit über 7.000 Mitgliedern -Zahnärzten, Oralchirurgen, Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgen - die größte Fachgesellschaft im Bereich der Implantologie in Europa. Ihr Markenzeichen ist die enge Kooperation von Praktikern und Hochschullehrern. Deren gemeinsames Ziel ist die schnelle Umsetzung gesicherten Wissens und neuer Erkenntnisse in die Praxis durch ein differenziertes Fortbildungsangebot auf dem Gebiet der Implantologie­ - zum Nutzen von Patientinnen und Patienten.

Diese Pressemitteilung wurde über den - idw - versandt.

zuletzt bearbeitet: 26.11.2010 nach oben

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