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Diätberatung für Übergewichtige und Diabetiker ist häufig nicht erfolgreich:

Wie vernetzen wir Wissenschaft und Praxis zum Wohle der Erkrankten?

Vortrag Professor Dr. med. Hans Hauner, Sprecher des Kompetenznetzes Adipositas und Direktor des Else Kröner-Fresenius-Zentrums für Ernährungsmedizin der TU München

Professor Dr. med. Hans Hauner Die Adipositastherapie weist weltweit, nicht nur in Deutschland, lediglich bescheidene Erfolge auf. Trotz vielfältiger Bemühungen neue und bessere Therapien zu entwickeln nimmt die Zahl der Menschen mit Adipositas ungebremst zu. Dies macht deutlich, dass die klassischen Beratungskonzepte nicht sehr wirksam und nachhaltig sind. Dringend werden neue Konzepte benötigt, was zu steigenden Forschungsaktivitäten in vielen Ländern geführt hat.

Seit Herbst 2008 fördert das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) zwei krankheitsbezogene Kompetenznetze (KKN) zu den Krankheitsbildern Adipositas und Diabetes mellitus. Das KKN Adipositas hat am 4. und 5. November seine jährliche Mitgliederversammlung in Gegenwart des externen Wissenschaftlichen Beirats und des Förderers abgehalten. Dort wurden der Stand der einzelnen Projekte und die weitere Strategie besprochen.

Das KKN Adipositas setzt sich aus acht thematischen Verbünden/Konsortien mit insgesamt 39 Teilprojekten zusammen, die von der Grundlagenforschung, Präventionsforschung, Ätiologie- sowie Pathogeneseforschung, epidemiologische Forschung bis zur psychosozialen Forschung reichen. Ziel der Förderung ist es, die bestehenden Forschergruppen zu stärken und besser zu vernetzen und damit auch einen international wettbewerbsfähigen und sichtbaren Beitrag zur Adipositasforschung zu leisten. Ein weiteres Ziel beider Kompetenznetze ist es, einen raschen Transfer neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse in die Prävention und Versorgungsmedizin zu ermöglichen ("Translation").

Im 1. Jahr der Förderung des KKN Adipositas wurde vor allem versucht, eine gemeinsame Forschungsplattform zu definieren und auf den Weg zu bringen, die die Vernetzung der Verbünde und Einzelprojekte unterstützen soll. Für diesen Zweck wurden vier Arbeitsgruppen eingerichtet und dank zusätzlicher Mittel des BMBF weitere Strukturen geschaffen ("Metabolomik"-Plattform, Harmonisierung von Labormethoden), um gemeinsam zukunftsweisende Methoden zu entwickeln, die die deutsche Wissenschaft auf diesem Feld voranbringt und die Grundlagen für größere gemeinsame Forschungsprojekte schaffen soll.

Ein Beispiel für diesen neuen Forschungsansatz und ein auch für die Öffentlichkeit interessantes Vorhaben ist die Einrichtung des "Deutschen Gewichtskontrollregisters" an der Universität Erlangen (Leitung: Frau Professor Dr. M. de Zwaan). Damit sollen freiwillig bereit gestellte Informationen von Menschen gesammelt und ausgewertet werden, die ihr Gewicht erfolgreich über mindestens ein Jahr um mindestens zehn Prozent senken konnten. Damit ist die Hoffnung verbunden, besser zu verstehen, warum ein Teil der abnahmewilligen Menschen recht erfolgreich sein Gewicht senken kann, während andere ? leider die Mehrheit - stets daran scheitern. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse sollen genutzt werden, um zielgerechtere Behandlungskonzepte zu entwickeln ("maßgeschneiderte" Therapie) und insgesamt die Langzeiterfolge von Gewichtsreduktionsprogrammen zu verbessern.

In einem anderen Projekt wird die Versorgungsqualität in der Behandlung von adipösen Kindern und Jugendlichen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz in Therapieeinrichtungen einheitlich bezüglich definierter Kriterien dokumentiert. In der APV-Initiative (Leitung: Professor Dr. R. Holl) werden zweimal jährlich die Daten der behandelten Kinder und Jugendlichen anonymisiert verglichen, und jede Behandlungseinrichtung (Arztpraxen, Klinikambulanzen, Reha-Kliniken) erhält eine vergleichende Auswertung über die betreuten Patienten, die durchgeführte Diagnostik, die Häufigkeit von Komorbidität und die erzielten Behandlungserfolge.

Mittlerweile sind über 180 000 Datensätze von über 56.000 Patienten erfasst. Diese Datenbank ermöglicht neuartige wissenschaftliche Auswertungen zur pädiatrischen Adipositas, zur Versorgungsrealität und zu den mit verhaltensbasierten Ansätzen erzielbaren Therapieerfolgen. Zudem können Patientengruppen mit besonderen Phänotypen oder besonderen Gewichtsverläufen identifiziert und in zukünftigen Studien mit genetischen oder metabolischen Markern weiter untersucht werden.

Damit verfolgt das KKN Adipositas viele praxisrelevante Projekte, die hoffentlich zukünftig zu besseren Behandlungserfolgen führen werden. Bessere Therapieerfolge bei der Adipositas lassen letztlich auch einen Rückgang der Zahl der Menschen mit Typ-2-Diabetes aber auch vielen anderen Folgeerkrankungen erwarten.

Weitere Informationen zu den einzelnen Projekten sind auf der Website des KKN Adipositas (www.kompetenznetz-adipositas.de) erhältlich. Dort finden interessierte Berufsgruppen wie Ärzte aber auch interessierte Bürger viele Informationen zum Thema Übergewicht/Adipositas.

Bildunterschrift: Professor Dr. med. Hans Hauner
Bildquelle: Deutsche Diabetes-Gesellschaft

zuletzt bearbeitet: 05.11.2009 nach oben

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