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Neue Behandlungsansätze in der Diabetologie

Abstract zum Vortrag von PD Dr. med. Ralf Schiel, Heringsdorf, im Rahmen der Pressekonferenz zum Deutschen Diabetiker Tag 2008.

Inkretin-basierten Medikamente bei Diabetes Typ 2

Neuerungen im Bereich der Diabetestherapie werden häufig sehr kontrovers diskutiert. Hintergrund sind einerseits die Effektivität der Medikation, die natürlich zum Wohle der Patienten immer kritisch beurteilt werden muss, andererseits aber auch sich ständig verändernde Rahmenbedingungen des Gesundheitswesens, die Auswirkungen auch im Bereich des Einsatzes neuer Medikamente haben. Rein medizinisch ist die Behandlung des Typ-2-Diabetes aber bis heute eine Herausforderung geblieben. Trotz Einführung der DMP (Chronikerprogramme) und Verabschiedung einer Reihe von Leitlinien erreicht eine hohe Zahl von Patienten keine optimale Stoffwechseleinstellung. Vor diesem Hintergrund wurden in den letzten Jahren zunehmend neue Medikamente in die Therapie des Diabetes mellitus eingeführt.

Neue Medikamente in der Therapie des Diabetes mellitus sind vor allem die Inkretin-basierten Medikamente (GLP1-Mimetika und DPP-4-Inhibitoren). Die Wirkungsweise dieser Medikamente ist relativ vielfältig und nicht unkompliziert: Inkretin-Hormone werden nach Nahrungsaufnahme vom Menschen im Bereich des Darmes in den Blutkreislauf abgegeben und beeinflussen die postprandiale Insulinantwort. Bei Menschen mit Typ-2-Diabetes ist dieses Zusammenspiel häufig beeinträchtigt. Eine Erhöhung des GLP1-Spiegels bzw. die Nachahmung der GLP1-Wirkung kann hier wieder eine adäquate Insulinantwort hervorrufen und die krankheitsbedingt gestörten Regulationsmechanismen wieder herstellen.

Wesentliche Wirkung der Inkretin-basierten Therapie sind eine Verstärkung der glukoseabhängigen Insulinsekretion, die Unterdrückung der Glukagonsekretion, die Regulation der Magenentleerung sowie die Regulation der Nahrungsaufnahme. Klinisch ergibt sich mit diesen Medikamenten häufig eine Verbesserung der Stoffwechseleinstellung (Abnahme des HbA1c-Wertes) sowie eine Gewichtsreduktion. Nebenwirkungen sind allerdings Magen-Darm-Effekte, wie Übelkeit und Erbrechen. Bisherige Studien mit dem Inkretinmimetikum Exenatide belegen im Vergleich zu einer Therapie mit langwirksamen Insulinen und kurz wirksamen Insulinen eine vergleichbare Stoffwechseleinstellung, aber eine deutlich positivere Gewichtsentwicklung. Nachteil der bisherigen Inkretinmimetika sind eine relativ kurze Wirkungsdauer sowie die Notwendigkeit, dass auch diese Substanzen, ähnlich dem Insulin, injiziert werden müssen. Substanzen, die hier eine längere Wirkung entfalten, sowie auf anderem Wege, als über die Injektion zugeführt werden können, sind derzeit in der Erforschung.

Die DPP4-Inhibitoren wirken ähnlich. Sie steigern die Inkretinaktivität durch Hemmung des inaktivierenden Enzyms DPP-4. Derzeit sind zwei Präparate aus dieser Wirkungsgruppe, das Sitagliptin sowie das Vildagliptin, verfügbar und in Deutschland zugelassen. Diese Medikamente können als Tablette eingenommen werden. Langzeiterfahrungen und eine sorgfältige Kosten-Nutzen-Abwägung stehen aber auch für diese Präparate noch aus.

Insgesamt bieten also neue Inkretin-basierte Therapien durch ihre gute Stoffwechselkontrolle und ihr günstiges Körpergewichtsprofil eine sinnvolle Alternative zu gängigen Antidiabetika. Hervorzuheben ist insbesondere ein möglicher positiver Effekt auf die Betazellfunktion, die hoffen lässt, dass neue Substanzen auch zu einer Verzögerung der Progression des Diabetes beitragen können.

Wie bei neuen Medikamenten aber immer, kann derzeit allerdings noch keine abschließende Beurteilung gegeben werden. Neue Medikamente stellen somit erst eine Therapie der zweiten Wahl dar. Die nationale Versorgungsleitlinie Diabetes mellitus Typ 2 formuliert dazu: "Vorrangig sollen zur Blutglukosesenkung Medikamente verwendet werden, deren Wirksamkeit und Sicherheit im Hinblick auf die Erreichung der Therapieziele in prospektiven, kontrollierten Langzeitstudien nachgewiesen wurde.". Neue Medikamente sollten somit also nicht vorschnell, sondern erst nach sorgfältigem Abwägen der Vor- und Nachteile eingesetzt werden.

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zuletzt bearbeitet: 19.09.2008 nach oben

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