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Akute Bauchspeicheldrüsenentzündung unter Exenatide
FDA will Warnungen nach weiteren Krankheitsfällen verschärfen
Der US-amerikanischen Zulassungsbehörde FDA lagen bereits im Oktober 2007 30 Meldungen über das Auftreten einer akuten Pankreatitis bei Typ-2-Diabetikern vor, die mit Exenatide behandelt wurden. Jetzt sind sechs weitere Krankheitsfälle bekannt geworden. Die FDA fordert deshalb die Ärzte auf, mit Exenatide behandelte Patienten über das Risiko einer Bauchspeicheldrüsenentzündung zu informieren. Bei akuten Bauchschmerzen mit oder ohne Übelkeit/Erbrechen sollte umgehend ein Arzt aufgesucht werden.
Das in Deutschland von der Firma Lilly vertriebene Diabetesmedikament mit dem Wirkstoff Exenatide (Handelsname Byetta®) wurde im November 2006 erstmals in Europa zugelassen. Seit Mai 2007 steht es auch hierzulande zur Behandlung von Typ-2-Diabetikern zur Verfügung. Der Wirkstoff Exenatide ist bisher ausschließlich für eine Kombinationstherapie mit Metformin und/oder Sulfonylharnstoffen zugelassen, wenn der Blutzucker mit herkömmlichen Antidiabetika in Tablettenform nicht ausreichend gut einzustellen ist.
Exenatide ist der erste Vertreter der Wirkstoffklasse der Inkretinmimetika, die für Betroffene eine Reihe von Vorteilen aufweisen. Beispielsweise stimuliert das synthetische Analogon zum Peptidhormon Exendin-4, das im Speichel der nordamerikanischen Gila-Krustenechse vorkommt, die Insulinsekretion nur bei Bedarf und verursacht somit keine Hypoglykämien (Unterzuckerungen). Und im Gegensatz zur Insulintherapie, bei der die Patienten eher zunehmen, konnten mit Exenatide behandelte Typ-2-Diabetiker ihr Gewicht sogar deutlich reduzieren, wie Studien belegen.
Doch bereits im Oktober 2007 hatte die FDA von 30 Fällen berichtet, bei denen unter der Therapie mit dem in den USA schon 2005 eingeführten neuen Wirkstoff eine akute Pankreatitis aufgetreten war. Die Behörde mahnte schon beim Verdacht auf eine Bauchspeicheldrüsenentzündung zum sofortigen Absetzen des Medikaments. Bei 27 der Patienten bestanden weitere Risikofaktoren für eine Pankreatitis, in sechs Fällen begannen oder verschlechterten sich die Symptome nach einer Dosiserhöhung. 21 Patienten mussten stationär behandelt werden, fünf erlitten schwere Komplikationen.
Am 18. August berichtete die US-Zulassungsbehörde nun über sechs weitere Patienten mit Bauchspeicheldrüsenentzündung unter Exenatide, von denen zwei verstorben sind. In Deutschland wurden bislang sechs Fälle bekannt. Die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft berichtet über einen 66-jährigen Typ-2-Diabetiker, der nach einer Dosiserhöhung des Exenatide-Medikaments mit einer akuten Pankreatitis stationär behandelt werden musste. Nach Absetzen des Arzneimittels besserte sich sein Zustand wieder. Er wurde aus dem Krankenhaus entlassen.
Nach Bekanntwerden der neuerlichen Fälle fordert die FDA nun eine Überarbeitung der Fachinformation mit einem noch deutlicher formulierten Warnhinweis auf das Pankreatitis-Risiko. Ferner werden Ärzte aufgefordert, die Patienten vor Behandlungsbeginn auf das Risiko hinzuweisen und das Medikament bei Verdacht auf Pankreatitis sofort abzusetzen, da sich die Symptome nicht von denen einer weniger schweren Form dieser Erkrankung unterscheiden ließen. Die Behandlung mit Exenatide sollte auch nach der Genesung nicht wieder aufgenommen werden.
Bei starken Bauchschmerzen - auch ohne Übelkeit oder Erbrechen - sollten Typ-2-Diabetiker, die mit Exenatide behandelt werden, umgehend den Arzt aufsuchen.
Quellen
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