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Zusammenhang zwischen Diabetesrisiko und Vollkornprodukten

Gen beeinflusst schützenden Effekt von Vollkornprodukten

Ballaststoffe aus Vollkornbrot fördern die Gesundheit Generell gilt: Wer viele Ballaststoffe aus Getreideprodukten isst, hat ein vermindertes Typ-2-Diabetesrisiko. Ergebnisse einer großen Potsdamer Bevölkerungsstudie präzisieren nun diese Aussage. Denn sie zeigen, dass ein winziger Unterschied im Erbgut darüber bestimmen kann, ob ein Mensch im Hinblick auf das Diabetesrisiko von Vollkornprodukten profitiert oder nicht.

Ein Forscherteam vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE) wertete im Rahmen der Potsdamer EPIC*-Studie  Daten von mehr als 3.000 Teilnehmern aus, von denen 798 an einem Typ-2-Diabetes erkrankt waren. Ziel der Untersuchung war, Zusammenhänge zwischen Variationen im Erbgut, der Ernährungsweise und dem Diabetesrisiko aufzudecken. Bereits in früheren Publikationen** hatten die Wissenschaftler nachgewiesen, dass ein erhöhter Verzehr von Vollkornprodukten mit einem verminderten Diabetesrisiko verbunden ist.

Die Forscher konnten nun zeigen, dass in Abhängigkeit von einer bestimmten Punktmutation im Gen TCF7L2*** mehr als die Hälfte der Probanden von Vollkornprodukten profitierte. Bei diesen Trägern der CC-Genvariante sank das Diabetesrisiko um 14 Prozent pro täglich verzehrten 50 Gramm eines Vollkornprodukts. Diese Menge entspricht in etwa einer Scheibe Vollkornbrot. Dagegen hatten Träger der T-Variante nicht nur ein um 51 Prozent erhöhtes Risiko an Diabetes zu erkranken - der Verzehr von Vollkornprodukten blieb bei ihnen im Hinblick auf das Diabetesrisiko auch ohne positive Wirkung.

DIfE-Wissenschaftler haben damit erstmalig einen direkten Zusammenhang zwischen einem Diabetesrisikogen, dem Verzehr von Vollkornprodukten und dem Erkrankungsrisiko nachgewiesen. "Je öfter es gelingt, solche Zusammenhänge aufzudecken, desto eher werden wir in der Lage sein, individuelle Ernährungsempfehlungen zu geben", erläutert Studienleiter Matthias Schulze.

Roggen Die heutigen Ernährungsempfehlungen sind eher allgemein gehalten und werden deshalb oft nicht angenommen. Wissenschaftler arbeiten daher daran, Wege zu finden, sie zu personalisieren. Solche maßgeschneiderten Ernährungsempfehlungen könnten die Bereitschaft erhöhen, die Ratschläge zu befolgen und dazu beitragen, dass sich Menschen entsprechend ihren Erbanlagen gesünder ernähren.

Die generelle Empfehlung, mehr Vollkornprodukte zu verzehren, sei aber keineswegs überholt, betonen die DIfE-Wissenschaftler. Selbst wenn einige Menschen aufgrund ihrer Erbanlagen im Hinblick auf das Diabetesrisiko nicht davon profitieren würden, so könnte ein erhöhter Verzehr von Vollkornprodukten wahrscheinlich auch bei diesen Menschen zur Senkung des Risikos für Darmkrebs und Herz-Kreislauferkrankungen beitragen. Darüber hinaus sollten die Ergebnisse vielmehr verdeutlichen, dass Träger der T-Variante besonders auf ihr Gewicht und ausreichend Bewegung achten müssen. Denn im Rahmen des US Diabetes Prevention Program haben Forscher bereits nachgewiesen, dass durch Gewichtsreduktion sowie körperliche Aktivität der negative Einfluss der T-Variante wieder ausgeglichen werden kann.

Fisher E et al.: Whole-grain consumption and TCF7L2 rs7903146: Gene-diet interaction in modulating Type 2 diabetes risk. British Journal of Nutrition. 2008

Hintergrundinformation:

* EPIC (European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition)-Studie: eine prospektive, 1992 begonnene Studie, die Zusammenhänge zwischen Ernährung und Krebs und anderen chronischen Erkrankungen aufdeckt. 23 administrative Zentren in zehn europäischen Ländern mit 519.000 Studienteilnehmern sind an der Studie beteiligt. Die EPIC-Studie wird von Dr. Elio Riboli (International Agency on Research of Cancer, Lyon, Frankreich) koordiniert. Die Potsdamer EPIC-Studie, an der 27.548 Frauen und Männer im Alter zwischen 35 und 65 Jahren teilnehmen, leitet Professor Dr. Heiner Boeing.

** Publikationen:
1) Schulze MB et al.: Fiber and magnesium intake and incidence of type 2 diabetes: a prospective study and meta-analysis. Arch Intern Med. 2007; 167:956-65.

2) Schulze MB et al.: An accurate risk score based on anthropometric, dietary, and lifestyle factors to predict the development of type 2 diabetes. Diabetes Care. 2007; 30:510-5.
Basierend auf dieser Publikation haben DIfE-Wissenschaftler den Deutschen Diabetes-Risiko-Test (DRT) entwickelt, der auch online über www.dife.de abgerufen werden kann.

*** Mehrere Studien haben TCF7L2 als ein Diabetesrisikogen identifiziert, das innerhalb verschiedener ethnischer Gruppen eine Rolle spielt. Vermutlich führt die Mutation des Gens zu einer verminderten Insulinausschüttung, wobei der zu Grunde liegende Mechanismus noch nicht bekannt ist. In der vorliegenden Studie untersuchten die Wissenschaftler den single nucleotide polymorphism (SNP) rs7903146. Die Punktmutation führt zum Austausch der Base Cytosin (C) gegen die Base Thymin (T). Homozygote Träger der Cytosin-Variante profitieren von Vollkornprodukten, heterozygote und homozygote Träger der Thymin-Variante haben ein erhöhtes Diabetesrisiko.

Bildquelle: Deutsches Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE)

Diese Pressemitteilung wurde über den - idw - versandt.

zuletzt bearbeitet: 22.07.2008 nach oben

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