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Präventionswüste Deutschland

Zu wenig Ernährungsprogramme für die Bevölkerung

(Ernährungs-)Prävention ist nach wie vor ein Bereich, dessen Zuständigkeit genauso ungeklärt scheint, wie die Frage nach praktischen Konzepten für die Allgemeinbevölkerung, meint die Vizepräsidentin der Gesellschaft für Ernährungsmedizin und Diätetik e.V. Diplom Ernährungswissenschaftlerin Doreen Nothmann auf dem dritten Internationalen Diätetik Kongress in Aachen.

Wenn in Deutschland etwas einen nachweislichen Aufwärtstrend erfährt, dann sind es die Kosten für unser Gesundheitssystem. Neue Reformen versprechen längst keine Linderung des Problems, sondern ziehen automatisch eine zukünftige Beitragserhöhung mit sich.

In einer Zeit, in der die Behandlungskosten scheinbar ins Unermessliche steigen, sollte Prävention mehr als großgeschrieben werden. Die Bundesregierung hat sich daher vor einigen Jahren ein Präventionskonzept überlegt, dass Bewegungs- und Ernährungskomponenten gleichzeitig einschließt. Darin beinhaltet sind mögliche Maßnahmen für nahezu jedermann: für Kinder in verschiedenen Altersstufen, zur Bekämpfung von Übergewicht sowie für Diabetiker und ältere Menschen. Der Allgemeinbevölkerung bietet dieses Konzept an, sich getreu den "10 Goldenen Regeln" der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e.V. (DGE) zu verhalten. Und das ist auch schon alles.

Selbst die Programme, die beispielsweise für die Kinderernährung ins Leben gerufen wurden, scheinen einer Evaluation zu unterliegen. Kinder sind offensichtlich die Hauptzielgruppe von Präventionsprojekten. Schon im Kindergartenalter erfahren sie spielerisch, wie man richtig gesund isst. Aber ob diese Botschaft auch bei den Eltern ankommt und auf ein Alltagsleben außerhalb der Betreuungseinrichtungen Einfluss haben kann, bleibt nach wie vor ungeklärt.

Die Inhalte der 10 Regeln der DGE sind noch nicht einmal direkt im Präventionskonzept verankert, vielmehr wird lediglich darauf hingewiesen, dass sie existieren und man danach leben solle. Diese Regeln selbst scheinen relativ selten überarbeitet zu werden, denn aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse fließen nicht darin ein. Auch werden nach wie vor Projekte publiziert und angepriesen, die längst dem Untergang geweiht sind, wie die 5-am-Tag-Kampagne. Die nach den 10 Regeln der DGE empfohlene Menge an aufzunehmendem Fisch würde bei sachgemäßer Umsetzung durch die Bevölkerung innerhalb kürzester Zeit zu einer "Leerfischung" der Weltmeere führen.

Strenge Regeln und grammgenaue Reglementierungen, wie sie im Rahmen der DGE-Regeln angeboten werden, können nicht der Weg zu einer besseren Esskultur in Deutschland sein, so Nothmann. Vielmehr müsse man ein Gesamtkonzept für eine gesunde Lebensweise erstellen, das eine seelische Ausgeglichenheit und sportfördernde Maßnahmen, ebenso wie eine Identifizierung mit Gutem Essen, sowie ökologische Faktoren einschließt.

Weiterhin fordert Nothmann eine unmittelbare Zusammenarbeit der Krankenkassen, des Gesundheits- und des Verbraucherschutzministeriums sowie aller öffentlichkeitswirksamen Fachverbände in den Bereichen Ernährung, Prävention und Ökologie. Außerdem will die Gesellschaft für Ernährungsmedizin und Diätetik schon im Jahr 2007 mit einem Konzept zur Verbesserung der Esskultur Wege in die Richtung einer umfassenderen Bevölkerungsaufklärung und -motivation auf dem Gebiet der gesunden Lebensweise gehen, so die Ernährungswissenschaftlerin Nothmann abschließend.

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zuletzt bearbeitet: 08.08.2006 nach oben

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