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Machen Analoga schlau?

Abstract zum Vortrag Prof. Dr. med. W. Kern im Rahmen eines Symposiums von Novo Nordisk auf der 41. Jahrestagung der Deutschen Diabetes-Gesellschaft (DDG) in Leipzig.

Einfluss auf die kognitive Leistungsfähigkeit

Prof. Dr. med. W. Kern Obwohl das Gehirn traditionell als ein insulinunabhängiges Organ gesehen wird, wurde eine große Anzahl von Insulinrezeptoren im Zentralen Nervensystem (ZNS) nachgewiesen. Eine besonders hohe Dichte an Insulinrezeptoren findet sich im Cortex, im Hypothalamus und im Hippocampus. Das Insulin wird über einen aktiven, rezeptorvermittelten Transportmechanismus vom Blut über die Blut-/Hirn-Schranke in das Gehirn transportiert.

In den letzten Jahren wurden vielfältige Effekte des Insulins im ZNS nachgewiesen. Eine bedeutsame Entdeckung dabei war, dass Insulin nach direkter intracerebroventrikulärer Applikation bei Versuchstieren das Gedächtnis verbessert. Inzwischen konnte auch beim Menschen gezeigt werden, dass erhöhte Plasmainsulinspiegel im Rahmen eines euglykämischen, hyperinsulinämischen Clamps zu einer Verbesserung des sogenannten deklarativen Gedächtnisses führt. Das deklarative Gedächtnis betrifft das Merken und Erinnern von Zahlen, Worten und Begriffen und wird in der Hauptsache durch den Hippocampus vermittelt, der besonders reich an Insulinrezeptoren ist.

Veränderungen der neuronalen Plastizität lassen sich durch einen nur wenige Stunden dauernden hyperinsulinämischen Clamp nicht untersuchen. Für die Erforschung subchronischer Effekte von Insulin auf die Gehirnfunktion eignet sich besonders die intranasale Applikation von Insulin. In Tierversuchen, aber auch in mehreren Humanuntersuchungen konnte gezeigt werden, dass Insulin nach intranasaler Gabe direkt über den Nervus olfaktorius ins Gehirn gelangt ohne in die Blutbahn resorbiert zu werden und die gleichen zentralnervösen Effekte hervorruft, wie das intravenös verabreichte Insulin. In verschiedenen Studien wurde gezeigt, dass eine Behandlung mit intranasalem Insulin über 8 Wochen zu einer Verbesserung der Gedächtnisleistung führt. Dieser Effekt war bei Männern und Frauen, bei normal- und übergewichtigen Personen gleichermaßen zu beobachten.

Kürzlich wurde sogar ein Gedächtnis verbessernder Effekt des intranasalen Insulins bei Patienten mit M. Alzheimer beschrieben. Dies ist besonders bedeutsam, da bei Menschen mit M. Alzheimer eine Abnahme der Insulinkonzentration im Liquor beschrieben wurde. Ein reduzierter Insulinspiegel im Liquor findet sich aber auch bei Menschen mit Übergewicht und Diabetes und in mehreren epidemiologischen Untersuchungen wurde gezeigt, dass das Risiko an M. Alzheimer zu erkranken bei Menschen mit Typ-2-Diabetes doppelt so hoch ist wie bei Gesunden, so dass die Effekte des Insulins auf die Gedächtnisfunktion durchaus von klinischer Bedeutung sein könnten.

Humaninsulin bildet Hexamere, die erst in Di- und Monomere gespalten werden müssen, um resorbiert werden zu können. Dagegen liegen die schnell wirksamen Insulinanaloga bereits primär in der Hauptsache als Monomere vor. Unter der Vorstellung, dass Insulinaspart deshalb leichter in das Gehirn gelangen und dort stärkere Wirkungen hervorrufen kann als Humaninsulin, verglichen wir die Effekte subchronischer intranasaler Gaben von Humaninsulin mit der von Insulinaspart auf die Gedächtnisfunktion beim Menschen. Gesunde Probanden erhielten über 8 Wochen doppelblind entweder Placebo, 4 x 40 I.E. Humaninsulin oder 4 x 40 E Insulinaspart intranasal appliziert. Den Probanden wurde unter anderem eine Wortliste mit 30 Wörtern vorgelesen und eine Woche später mussten sie angeben, wie viele der 30 Wörter, die sie einmalig eine Woche zuvor gehört hatten, sie noch erinnern. Im Mittel erinnerten die Probanden in der Placebogruppe 1,83 Wörter, in der Humaninsulin Gruppe 5,17 Wörter und nach Behandlung mit Insulinaspart 8,35 Wörter. Die Verbesserung des Gedächtnisses war unter Insulinaspart nochmals signifikant stärker als unter Humaninsulingabe.

Diese Befunde sprechen dafür, dass Insulinaspart tatsächlich leichter in das Gehirn gelangen und damit höhere Wirkspiegel erzeugen könnte als Humaninsulin, was die stärkeren Effekte von Insulinaspart auf das Gedächtnis erklären würde. Die klinische Relevanz dieses deutlicheren Effekts von Insulinaspart auf die Gedächtnisverbesserung müssen nun weitere Studien klären.

Bildunterschrift: Prof. Dr. med. W. Kern, Med. Klinik I, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein.
Bildquelle: Novo Nordisk Pharma GmbH

zuletzt bearbeitet: 24.05.2006 nach oben

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