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Operation am falschen Patienten

BPI kritisiert AVWG als medizinische und wirtschaftliche Fehlmaßnahme

Ein "Gesetz der politischen Hilflosigkeit" nannte Henning Fahrenkamp, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der pharmazeutischen Industrie (BPI), die jüngsten Kostendämpfungsversuche der großen Koalition.

Mit dem Arzneimittelversorgungs-Wirtschaftlichkeitsgesetz (AVWG) werde lückenlos eine Strategie der Kostendämpfung fortgesetzt, die sowohl zu einer Verschlechterung der Gesundheitsversorgung als auch zu einer weiteren Schwächung der deutschland-treuen Pharmaindustrie führe. "Von den Bekenntnissen zu den Potenzialen der Gesundheitswirtschaft, wie sie sich im Koalitionsvertrag finden, sind wir mit diesen willkürlich zusammengefegten Sparmaßnahmen meilenweit entfernt", so Fahrenkamp.

Am ärgerlichsten ist aus der Sicht des BPI, dass es die dem Gesetz zugrunde gelegte "Kostenexplosion" im Arzneimittelbereich nie gegeben hat. "Wenn es im Jahr 2004 einen befristeten 10-prozentigen Pflichtrabatt auf Arzneimittel gibt, dann ist doch klar, dass sich in 2005 die Preise wieder auf das alte, kostendeckende Niveau einpendeln werden. Nichts anderes ist passiert und jeder hat diese Entwicklung bereits im Herbst 2003 vorhersehen können", erläutert der BPI-Hautgeschäftsführer. Verglichen mit den Ausgaben in den Jahren zuvor werde erkennbar, dass es in der Pharmaindustrie - trotz bemerkenswerter therapeutischer Fortschritte - kaum Preissteigerungen gegeben habe.

Das AVWG sei vor diesem Hintergrund nichts weiter, als der Versuch, eine erste, falsche Marktintervention durch eine zweite, ebenfalls falsche zu korrigieren. "Wir sehen mit großer Sorge, dass dabei immer hemmungsloser in die freie Therapieentscheidung des Patienten und in die Therapiefreiheit des Arztes eingegriffen wird", so Fahrenkamp. Dies sei schon bei der Herausnahme der verschreibungsfreien Arzneimittel aus der GKV-Erstattung der Fall gewesen, mit der jetzt geplanten Bonus/Malus-Regelung für Ärzte werde aber das Maß staatlicher Einmischung in das Verhältnis zwischen Arzt und Patient endgültig überschritten.

"Dabei wären alle diese staatsmedizinischen Regulierungen gar nicht nötig, wenn die Politik endlich die Kraft fände nicht nur Schnittblumen, sondern auch lebensnotwendige Medikamente für Menschen auf den reduzierten Mehrwertsteuersatz abzusenken", gibt Fahrenkamp zu bedenken. 3,5 Milliarden Euro dienten durch die auch im europäischen Vergleich extrem hohe Mehrwertsteuerbelastung von Arzneimittel nicht der Gesundheit der Bevölkerung, sondern würden ausschließlich zur Sanierung der maroden Staatskassen zweckentfremdet. "Der Staat verhält sich hier sehr menschlich: Er denkt bei Gesundheit zunächst an sich selbst", so Fahrenkamps ironisches Resümee. Der BPI begrüßt es deshalb, dass sich inzwischen Stimmen von Vertretern aller Versorgungsbeteiligter bis hin zu den Krankenkassen mehren, die seine Forderung nach einer Absenkung der Mehrwertsteuersätze bei Human-Arzneimitteln unterstützen.

zuletzt bearbeitet: 18.01.2006 nach oben

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