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Position von BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN zur Bundestagswahl 2005
BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN - Renate Künast, MdBAntwortschreiben auf den Forderungskatalog des Deutschen Diabetiker Bundes
Sehr geehrter Herr Wölfert,
im Auftrag von Renate Künast danke ich Ihnen für Ihr Scheiben und de Anfrage. Ihrer Bitte komme ich gerne nach und sende Ihnen die Stellungnahme von Bündnis 90/ Die Grünen zu den Positionen des Deutschen Diabetiker-Bundes
Die Diabetes-Krankheit nimmt epidemische Ausmaße an. Wenn nichts geschieht, wird es im Jahr 2010 rund 10 Millionen Diabetiker in Deutschland geben. Der Typ-2-Diabetes, der bisher als Alterskrankheit galt, tritt immer häufiger auch bei Kindern und Jugendlichen auf. Doch die zunehmende Verbreitung von Diabetes und die Zunahme der Diabetes-Sterblichkeit sind kein Schicksal. Diabetes lässt sich durch eine vernünftige Prävention verhindern. Ein normales Gewicht und regelmäßige Bewegung senken das Diabetes-Risiko drastisch. Und auch der Gesundheitszustand derer, die bereits erkrankt sind, lässt sich deutlich verbessern. Schulungsprogramme zum Umgang mit der Krankheit und eine qualitätsgesicherte Behandlung in Praxen und Kliniken helfen mit der Krankheit zu leben und Folgeschäden zu vermeiden.
Die rot-grüne Bundesregierung hat in den vergangenen Jahren einen Schwerpunkt ihrer Gesundheitspolitik auf die chronischen Krankheiten gelegt. Dies hat auch Auswirkungen auf die Prävention und Behandlung des Diabetes.
Ein Aktionsschwerpunkt des Bundesministeriums für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft ist das Thema Kinder und Ernähung. Die Initiative "Besser essen. Mehr bewegen. Kinderleicht" hat sich zum Ziel gesetzt, Übergewicht und Adipositas bei Kindern und Jugendlichen wirksam zu bekämpfen. Um die Kinder und Jugendlichen auch tatsächlich zu erreichen, setzt diese Kampagne in ihren konkreten Lebenszusammenhängen in Familien, Kindertagesstätten und Schulen an. Das Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung hat zusammen mit der Deutschen Diabetes-Union (DDU) das Nationale Aktionsforum Diabetes mellitus gegründet. Ziel des Aktionsforums ist die Erarbeitung und Umsetzung eines Nationalen Diabetes-Programms für Deutschland.
Diese Aktivitäten wollen wir fortführen. Der erreichte Paradigmenwechsel in der Ernährungs- und der Gesundheitspolitik darf nicht zurückgedreht werden. Darüber hinaus wollen wir in den kommenden Jahren folgende Schwerpunkte setzen, die auch für die Behandlung und Prävention von Diabetes mellitus von erheblicher Bedeutung sind:
Immer mehr Produkte werden als Kinderlebensmittel beworben, die Kinder nicht brauchen und die vor allem zu süß, salzig oder fettig sind. Wir wollen europaweit eine einheitliche Grundaussage schaffen, die den Wahrheitsgehalt von Werbeaussagen gerade im Gesundheitsbereich stärker sicherstellt.
Wir wollen die Prävention stärken. Das ist gerade für die Verhinderung chronischer Krankheiten wichtig. So lässt sich z. B. schon mit einer halben Stunde Bewegung am Tag das Diabetes-Risiko um 36 Prozent verringern. Gemeinsam mit der SPD haben wir im Bundestag ein Präventionsgesetz verabschiedet. Das Gesetz legte einen Schwerpunkt auf die Gesundheitsförderung und Prävention bei sozial benachteiligten Gruppen und sah eine bundesweite Präventionsstiftung vor. Von dieser Präventionsstiftung sollten auch bundesweite Präventionsziele formuliert werden. Die unionsregierten Bundesländer haben aus wahltaktischen Gründen dieses wichtige Gesetz im Bundesrat gestoppt. Wir werden uns weiter dafür einsetzen, dass Prävention und Gesundheitsförderung endlich eine gesetzliche Grundlage erhalten.
Die damalige Bundesgesundheitsministerin Andrea Fischer hat bereits mit der Gesundheitsreform 2000 die Selbsthilfeförderung deutlich gestärkt. Seitdem werden Selbsthilfegruppen, -organisationen und -kontaktstellen flächendeckend durch die Krankenkassen gefördert. Einen weiteren Ausbau der Selbsthilfeförderung wollte die rot-grüne Koalition mit dem Präventionsgesetz vornehmen. Das Gesetz sah vor, die bisher im SGB V enthaltene Soll-Regelung in eine unbedingte Förderverpflichtung der Krankenkassen umzustellen und damit sicherzustellen, dass das gesetzliche vorgeschriebene Fördervolumen von den Krankenkassen nicht mehr unterschritten werden darf. Außerdem sollte mit dem Gesetz klargestellt werden, dass die Verpflichtung zur Förderung der Selbsthilfe auch für die Selbsthilfeorganisationen auf Landes- und Bundesebene gilt. Wie erwähnt, wurde das Gesetz im Bundesrat blockiert. Wir werden uns in der kommende Legislaturperiode erneut für die Weiterentwicklung der Selbsthilfeförderung einsetzen.
Bereits seit 2003 werden strukturierte Behandlungsprogramme (Disease-Management-Programme) für den Typ-2-Diabetes angeboten. Seit 2004 auch für den Typ-1-Diabetes. Inzwischen haben sich über eine Million Diabeteskranke in diese Programme eingeschrieben. Von einer wirklich flächendeckenden Versorgung vor allem für die rund 4 Millionen bekannten Typ-2-Diabetikerpatientinnen und -patienten sind wir immer noch ein erhebliches Stück entfernt. Wir wollen diese Programme weiter entwickeln.
Die Fehlversorgung vieler chronisch kranker Patientinnen und Patienten ist weniger auf quantitative Versorgungsdefizite als auf die sektorale Zersplitterung unseres Gesundheitswesens zurückzuführen. Die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Gesundheitsberufen und -einrichtungen ist vielfach unzureichend. Wir haben deshalb in den letzten sieben Jahren einen Schwerpunkt auf die Schaffung besserer Rahmenbedingungen für mehr Zusammenarbeit gelegt. Ein Ergebnis dieser Politik sind die erwähnten Disease Management Programme. Dazu kommen aber weitere Formen der Integrierten Versorgung, die unser Gesundheitswesen stärker auf die Bedürfnisse insbesondere chronisch erkrankter Menschen ausrichten sollen. Auf die Weiterentwicklung dieser Strukturen wollen wir auch in den kommenden Jahren einen Schwerpunkt legen.
Diabetes ist eine Krankheit mit einer erheblichen gesundheits- und gesellschaftspolitischen Bedeutung. Und diese Bedeutung wird mit der steigenden Zahl der Diabetes-Kranken in den nächsten Jahren noch zunehmen. Wie wir als Gesellschaft mit der Prävention und der Behandlung dieser Krankheit umgehen, wird daher viel darüber aussagen, ob wir es schaffen, den Anforderungen einer älter werdenden Gesellschaft gerecht zu werden. Ich hoffe, dass uns dies gemeinsam gelingt.
Für BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN antwortete Katrin Langenbein im Auftrag von Renate Künast, MdB.