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Studie zur aktuellen Situation der Pharmazeutischen Industrie 2005

Acht Erwartungen an die künftige Bundesregierung

Mit dem Ziel, eine Renaissance der Pharmazeutischen Industrie einzuleiten, hat der BPI auf seiner Hauptversammlung in München acht Erwartungen an die künftige Bundesregierung formuliert. Grundlage bildet die "Studie zur aktuellen Situation der Pharmazeutischen Industrie 2005".

Planungssicherheit: Die standortorientierte Pharmazeutische Industrie in Deutschland braucht Planungssicherheit. Durch immer kurzfristigere Gesetzgebungsprozesse haben die Unternehmen im letzten Jahr Umsatz, Arbeitskräfte und Vertrauen verloren. Für fast 60 Prozent der deutschen Pharmaunternehmen stellen Gesetzgebung und Politik das größte unternehmerische Risiko dar. Immer neue Marktregulierungen und staatliche Preisinterventionen beeinträchtigen die Industrie bei der Planung von Produktentwicklung, -weiterentwicklung und -vermarktung.

Der BPI erwartet von der künftigen Bundesregierung Kontinuität und Durchgängigkeit der Politik. Allein die Tatsache, dass die Entwicklung oder Weiterentwicklung eines Arzneimittels bis zu zwölf Jahre dauern kann, macht deutlich, dass kurzatmige politische Entscheidungen im Bereich des Gesundheitswesens vermieden werden müssen. Nur dadurch werden die Unternehmen in die Lage versetzt, Unternehmensstrategien zu entwickeln und diese dann umzusetzen.

Deregulierung: Der BPI erwartet von der künftigen Bundesregierung einen ordnungspolitischen Paradigmenwechsel. Darunter versteht der Verband einen spürbaren Beitrag zu Entbürokratisierung und Deregulierung zugunsten von mehr Eigenverantwortung aller Beteiligten im Gesundheitswesen.

Das Verhältnis der an der Versorgung des GKV-Marktes Beteiligten muss auf eine gleichberechtigte Basis gestellt werden. Dazu gehört zwingend, dass die gesetzlichen Krankenversicherer, die mit dem Inkrafttreten des GKV-Modernisierungsgesetzes endgültig zu aktiv Marktbeteiligten geworden sind, den Regelungen des Unternehmens-, Wettbewerbs- und Kartellrechts unterworfen werden.

Sinnvolle Nutzenbewertung: Die standortorientierte Pharmazeutische Industrie will gemeinsam mit der nächsten Bundesregierung eine sinnvolle Vertiefung der Nutzenbewertung neuer Produkte gestalten.

Der BPI bestreitet nicht die legitime Forderung nach einer Nutzenbewertung von Arzneimitteln. Es muss aber sichergestellt sein, dass im Fokus die Bewertung des Patienten-relevanten Nutzens steht, der allein unter den Alltagsbedingungen der ärztlichen Praxis erhoben werden kann. Der BPI erwartet, dass allen Bestrebungen eine Absage erteilt wird, welche die Nutzenbewertung als eine Art Zweitzulassung verstehen.

Patientenorientierung: Der BPI erwartet von der künftigen Bundesregierung ein Verständnis für mehr Patientenorientierung. Der in den letzten Jahren ständig zunehmende Trend zur Nivellierung von Therapiemöglichkeiten muss gestoppt werden. In einer Zeit, in der die Pharmazeutische Industrie immer stärker in der Lage ist, Patienten-individuelle medikamentöse Therapiemöglichkeiten zu entwickeln und in der ärztlichen Praxis einzusetzen, darf die Therapievielfalt nicht aus reinen Kostendämpfungsinteressen eingeschränkt werden.

Der Forderung nach dem mündigen Patienten, der inzwischen zunehmend auf Selbstmedikation verwiesen wird und durch die Wahl der Behandlungsformen zu einem möglichst nachhaltigen Erfolg beitragen soll, widersprechen bisher die Initiativen der gesetzlichen Krankenversicherer. Dort orientiert sich das Angebot medikamentöser Therapien immer noch am "Durchschnittspatienten".

Innovationsförderung: Das deutsche Gesundheitssystem ist auf eklatante Weise innovationsfeindlich. Der BPI erwartet von der künftigen Bundesregierung, den Fortschritt bei der Entwicklung medikamentöser Therapien nicht mehr wegen Kostendämpfungsinteressen zu bestreiten. Therapierelevante Innovationen sind

Marktfreiheit: Der Zwangsrabatt von sechs Prozent ist unmittelbar abzuschaffen. Angesichts eines Überschusses von 4,2 Milliarden Euro in der gesetzlichen Krankenversicherung wird die Frage gestellt, auf welcher Rechtsgrundlage der Zwangsrabatt eigentlich beruht, der nach wie vor der deutschen Pharmaindustrie auferlegt wird.

Für die Wettbewerbsfähigkeit am Standort Deutschland ist es essentiell, dass darüber hinaus weder europäische Rahmenvorgaben zum Arzneimittelrecht in der nationalen Umsetzung zu Lasten der Unternehmen verschärft werden, noch eine extensive Auslegung bestehender Regulierungen durch die nationalen Behörden die Unternehmen ungerechtfertigt belasten.

Wettbewerbsförderung: Festbeträge sind ein Anachronismus und von der Marktwirklichkeit überholt. Der BPI erwartet stattdessen von der künftigen Bundesregierung, die Wettbewerbsfähigkeit des Mittelstandes zu fördern.

Die Pharmazeutische Industrie in Deutschland ist zu 90 Prozent mittelständisch geprägt. Mittelstand steht synonym für nationale Entscheidungsstrukturen, hohe Innovationskraft, hohe Flexibilität, Standorttreue, überdurchschnittliche Erhaltung und Schaffung von Arbeitsplätzen sowie überdurchschnittliche Anstrengungen bei der Ausbildung hoch qualifizierter Facharbeitskräfte. Alle gesetzgeberischen Maßnahmen der Bundesregierung wie auch Regulierungsinitiativen der Europäischen Union sollten daher auf ihre Mittelstandsfreundlichkeit hin geprüft werden.

Qualitätsorientierung als Erstattungsmaßstab: Der BPI erwartet, das nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel wegen ihrer guten Wirksamkeit und Nebenwirkungsarmut wieder erstattet und nicht weiter ausgegrenzt werden. Die Preise für Arzneimittel sind in Deutschland im letzten Jahrzehnt nahezu konstant geblieben. Die von den Krankenversicherern beklagte Zunahme der Arzneimittelausgaben spiegelt Versorgungserfordernisse wider und ist zudem im Fortschritt medikamentöser Therapiemöglichkeiten begründet. Die Entwicklung solcher Therapiemöglichkeiten ist von der Gesellschaft gewünscht. Sie kann von den pharmazeutischen Unternehmen nicht ohne entsprechende Refinanzierungs-Möglichkeiten erbracht werden.

Der BPI erwartet ein Bekenntnis zur Pharmazeutischen Industrie als Bestandteil der Gesundheitswirtschaft. Arzneimittel leisten einen erheblichen Beitrag zur Behandlungs- und Kosteneffizienz des deutschen Gesundheitswesens. Der rechtzeitige Einsatz von Arzneimitteln kann stärkere Krankheitsbilder verhindern und oft auch dazu beitragen, dass teure stationäre Behandlungen vermieden oder zumindest deutlich verkürzt werden können.

zuletzt bearbeitet: 21.06.2005 nach oben

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