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Hormontherapie nach Women's Health Initiative und Million Women Study

Pressemitteilung: Dr. Kade/Besins

Nötige Konsequenzen ja - generelle Verurteilung nein!

Die Ergebnisse der jüngsten Studien zur Hormontherapie haben zu einer erheblichen Konfusion der Frauen geführt. Und es dürfte noch schlimmer kommen: Krankenkassen sollen Patientinnen, die Hormone gegen Wechseljahresbeschwerden einnehmen, identifizieren und schriftlich auf das damit verbundene Risiko hinweisen; zusätzlich wird der Beipackzettel um Warnhinweise ergänzt. Vereinzelt wird die Verschreibung von Hormonen gar auf eine Stufe mit Contergan gestellt. "Konsequenzen sind notwendig, denn es wurden Fehler gemacht. Dabei sollte aber die Kirche im Dorf bleiben", sagt Professor Armin Heufelder, niedergelassener Hormonspezialist aus München.

Am meisten Angst macht das Brustkrebsrisiko. Auch wenn Östrogene in diesem Zusammenhang nur einer von 25 Risikofaktoren sind: Rauchen, Übergewicht und Alkohol schlagen viel heftiger zu Buche. Falsche Rückschlüsse aus den Studien - Ostrogene machen Brustkrebs - tun ein Übriges.

Der persönliche "Lifestyle" und der BMI (Body Mass Index) sind dabei entscheidende Faktoren, die bei der Abwägung - Für und Wider eine Hormontherapie - berücksichtigt werden müssen, betont Heufelder. Dazu kommen - neben familiären Veranlagungen - Erkrankungen des Herzens und der Gefäße, Störungen im Blutzucker- und Fettstoffwechsel. "Eine Hormonsubstitution ist in diesen Fällen immer sehr gut zu überlegen", erklärt Heufelder. Denn Östrogene besitzen zwar nachweislich eine gefäßschützende Wirkung. Sie schaden aber, wenn die Blutgefäße bereits geschädigt sind. Frauen über 58 Jahren rät er deshalb von einer Hormontherapie ab, genauso wie Jüngeren mit erkennbaren Risiken.

Insgesamt zeichnet sich auf dem Gebiet der Hormontherapie von Frauen mit Wechseljahresbeschwerden ein Umdenken ab: Weg von der Gabe hochdosierter, synthetischer Hormone zum Ausgleich in Konzentrationen, wie Frauen sie in ihrem Zyklus normalerweise in ihren 30-er Jahren aufweisen und dafür idealerweise Gabe von natürlichen, körperidentischen Hormonen.

Aus Fehlern lernen

Dass in der Vergangenheit bei der Hormontherapie Fehler gemacht wurden, ist nach Auffassung des Endokrinologen unstrittig. Doch die Konsequenzen nach den jüngsten Studien sind für ihn zum Teil heftig überzogen. Nicht nachvollziehen kann er beispielsweise die Absicht, den Östrogenen eine Rolle bei der Osteoporoseprophylaxe abzusprechen, "wo wir endlich den Beweis haben, dass die Rate von Knochenbrüchen um ein Drittel sinkt." Richtig - das heißt frühzeitig - eingesetzt, sind Östrogene bei der Vorbeugung hochwirksam, stellte der Experte klar. "Aber sie sind kein Reparaturprinzip bei fortgeschrittenem oder endgültigem biologischem Verschleiß." Sinnvoll einzusetzen sind sie nur in einem eng begrenzten Fenster - also frühzeitig, etwa bei Frauen zwischen 45 und 57 Jahren, die keine Gefäßschäden aufweisen.

Zuviel Östrogen vermeiden

Generell ist bei einer Entscheidung für Hormone ein "Zuviel" an Östrogenen ungünstig. Nach neuen Erkenntnissen reichen relativ niedrige Blutspiegel (30-50 pg/ml) absolut aus, um die erwünschten Wirkungen zu erreichen. Diese Konzentrationen sind nach den Erfahrungen des Referenten über die Haut mit einem Gel gut zu erreichen, mit Tabletten oder Implantaten werde dieser Bereich meist weit überschritten.

Frauen aus Risikogruppen: Wenn Hormone, dann transdermal und nicht synthetisch

Vorteilhaft ist die Hormongabe über die Haut per Gel, bei der die Verstoffwechselung in der Leber umgangen wird, laut Heufelder vor allem bei Frauen mit beeinträchtigter Funktion von Leber, Galle, Magen und Bauchspeicheldrüse, sinnvoll auch bei Fettstoffwechsel-Störungen, Diabetes und metabolischem Syndrom. Die Nordamerikanische Menopause-Gesellschaft erklärt für diese Risikogruppe pragmatisch:

Wenn Hormone, dann über die Haut - niedrig dosierte Tabletten sind zweite Wahl - und statt der synthetischen die naturidentischen Hormone 17-ß-Estradiol und Progesteron zu bevorzugen. Heufelder favorisiert bei der Estrogenkomponente die Gelform. Sie löst kaum Hautreaktionen aus und ist individuell dosierbar. Mit 0,75 bis 1,5 mg 17-ß-Estradiol (z. B. 1-2 Hübe Gynokadin® Dosiergel) sind die Beschwerden meist gut zu lindern. Als ideale Applikationsorte empfiehlt er Arme, Schultern und Bauch oberhalb des Nabels, von der "Po-Region" rät er aufgrund der möglichen Fettgewebsstimulation und verstärkten Wassereinlagerung aus "figürlichen" Gründen ab. Bei Frauen mit Gebärmutter kombiniert der Endokrinologe mit Progesteron, das - im Gegensatz zu den synthetischen Gestagenen - positiv auf die Psyche wirkt und antidepressive, schlaffördernde und leicht entwässernde Effekte zeigt. Bei niedrig dosiertem Estradiol gewährleistet mikronisiertes Progesteron (z. B. Utrogest®) einen sicheren Schutz des Endometriums und erhält auch die Knochenmasse.

Bei Frauen, die keine Blutungen mehr haben möchten, empfiehlt Heufelder, beide Hormone kontinuierlich anzuwenden.

zuletzt bearbeitet: 14.10.2003 nach oben

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